
„In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug:innen“ auf Deutschlandtour
Ein demokratieförderndes Erinnerungsprojekt aus Brandenburg
Potsdam, 7. Mai 2025 – Heute um 14:30 Uhr eröffneten das Brandenburg Museum für Zukunft, Gegenwart und Geschichte und die Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF am Brandenburger Tor in Potsdam mit einer Auftaktveranstaltung die bundesweite Tour des demokratiefördernden Erinnerungsprojekts „In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug:innen“. Der zukunftsweisende Ansatz, Zeitzeug:innenschaft für nachfolgende Generationen durch Volumetrie in der virtuellen Realität zu bewahren, kann durch den mobilen Ausstellungstruck nun einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden.
In der mobilen Ausstellung begegnen Besucher:innen fünf jüdischen Zeitzeug:innen – Ruth Winkelmann, Kurt Hillmann, Charlotte Knobloch, Inge Auerbacher und Leon Weintraub – in einer realitätsnahen, immersiven Gesprächssituation. Durch eine VR-Brille erleben sie diese Überlebenden scheinbar „in echt“ und können deren Berichte auf einer emotional tiefgehenden Ebene nachvollziehen. Die besondere Innovation liegt in der Verknüpfung von historischer Erinnerung und moderner Technologie, die über herkömmliche digitale Archivierungen hinausgeht.
Die Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus ist eine gesellschaftliche Verantwortung, die sich mit dem Verschwinden der letzten Zeitzeug:innen vor einer grundlegenden Herausforderung sieht. Die direkte Begegnung mit Überlebenden war stets ein besonders wirkungsvolles Mittel, um das Unrecht und die Gewalt der NS-Zeit nachvollziehbar zu machen.
Der Publizist und Autor Prof. Dr. Michel Friedman übernahm die Schirmherrschaft für die bundesweite Tour und begründete sein Engagement wie folgt:
„Wir leben in einer Gegenwart, in der Rechtsextremismus und das Antasten der Menschenwürde immer alltäglicher geworden sind, enthemmter und gewalttätiger. Die Endpunkte der Gewalt, die verändern sich, aber die Anfangspunkte der Gewalt, die sind strukturell immer die gleichen und wir sind in Deutschland im Jahre 2025 mittendrin und schon lange nicht mehr bei den Anfängen und umso wichtiger ist es, gerade auch mit modernen Möglichkeiten der Technik, aber auch in der Sache, die Erinnerung wachzuhalten, um für unsere Gegenwart zu lernen.“
Das bundesweite Pilotprojekt mit dem Einsatz virtueller Zeitzeug:innenschaft kommentierte er mit den Worten:
„Es ist ein Mittel unter vielen, aber ist das Mittel des 21. Jahrhunderts. Für junge Menschen ist die virtuelle Begegnung nicht nur bei diesem Thema etwas, das immer alltäglicher sein wird. Auch eine virtuelle Begegnung mit Menschen, die nicht mehr leben, aber die man erleben kann, als sie lebend ihre Geschichten erzählt haben, ist eine Möglichkeit, die ich sehr begrüße.“
Katja Melzer, Direktorin des Brandenburg Museums eröffnete die Veranstaltung:
„Als Brandenburger Modellprojekt hat „In Echt?“ große Aufmerksamkeit und ein sehr positives Echo erhalten und wir freuen uns nun außerordentlich, dass wir mit dem Projekt von Potsdam aus in wenigen Tagen auf bundesweite Tour gehen werden.“
Neben der Eröffnung und dem Grußwort von Prof. Dr. Michel Friedman sprach Prof. Dr. Susanne Stürmer von der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF über die Beweggründe der Zusammenarbeit:
„Die Filmuniversität und das Brandenburg Museum haben mit „In Echt“ das gemeinsame Ziel, durch den Einsatz neuer Technologien – immersiver und interaktiver Anwendungen – die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte in der Breite der Gesellschaft zu fördern. Die Arbeit von Museen und Gedenkstätten in den digitalen Raum zu erweitern.“
Der Beitrag von Dr. Andrea Despot, Vorstandsvorsitzende der projektfördernden Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft verdeutlichte die Bedeutung des Projektes als zusätzliches Mittel für eine starke Erinnerungskultur:
„Diese volumetrischen Zeugnisse sind kein Ersatz für die persönliche Begegnung. Das können und sollen sie nicht sein. Aber sie sind eine kraftvolle Ergänzung, eine Möglichkeit, die Erinnerung lebendig zu halten und für neue Generationen zugänglich zu machen – gerade auch für junge Menschen, die in einer digital geprägten Welt aufwachsen. Sie bieten einen neuen Zugang, der Neugier weckt und hoffentlich zu einer tieferen Auseinandersetzung anregt.“
Tobias Dünow, Staatssekretär für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, unterstrich in seinem Beitrag die starke emotionale Resonanz dieses Brandenburger Leuchtturmprojektes:
„Das Projekt ‘In Echt?‘ bietet berührende Begegnungen mit jüdischen Holocaust-Überlebenden im virtuellen Raum. Einer der Protagonisten ist der vor wenigen Wochen mit 92 Jahren verstorbene Kurt Hillmann. Bis zuletzt ging er in Schulen und berichtete über seine Erlebnisse. Dank des Projekts kann er seine Geschichte auch künftig erzählen. Ich bin ein wenig stolz, dass dieses innovative, unkonventionelle und auch mutige Projekt aus Brandenburg kommt. Vor allem aber bin ich der BKG und der Filmuniversität Babelsberg dankbar dafür, dass sie es entwickelt haben. Dank ihnen werden die Stimmen von Kurt Hillmann und anderen Zeitzeugen jetzt auch bundesweit zu hören sein.“
Ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltung war die Lesung der Brandenburger Autorin Tanya Yael Raab, die aus ihrem Buch „Shalom zusammen! Warum wir falsche Vorstellungen von jüdischem Leben haben und das gemeinsam ändern sollten“ las.
Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung vom Korr-Trio der Brandenburgischen Sommerkonzerte mit Aaron Seraphin Korr (Violine), Felix Cherubin Korr (Viola) und Raffael Elias Korr (Violoncello).
Besuchszeiten des Ausstellungstrucks in Potsdam
Der mobile Ausstellungstruck kann noch von Mittwoch, den 7. Mai bis Sonntag, den 11. Mai vor dem Brandenburger Tor in Potsdam zu folgenden Zeiten kostenfrei besucht werden.
Mi, 07.05. – Fr, 09.05., 15–18 Uhr
Sa, 10.05. – So, 11.05., 12–18 Uhr
Es gibt noch Plätze für den Erwachsenen-Workshop am Samstag, den 10.5. um 11 Uhr. Anmeldungen über:
Julia Baumann
E-Mail j.baumann@gesellschaft-kultur-geschichte.de
Telefon +49 331 620 85 48
Ein neues Kapitel der digitalen Erinnerungskultur
Neben der Vermittlung eines empathischen Zugangs zu Geschichte ermöglicht „In Echt?“ eine intergenerationelle Begegnung, die weit über herkömmliche Dokumentationen hinausgeht. Die erlebten Erzählungen werden nicht nur als historische Fakten präsentiert, sondern als persönliche Geschichten mit direkter Relevanz für die Lebensrealität von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Themen wie Antisemitismus, Rassismus sowie Empathie, Solidarität und gesellschaftlicher Zusammenhalt werden in einen aktuellen Kontext gestellt und regen zur kritischen Reflexion an.
Aus dem Feedback und den Forschungsergebnissen vorhergehender Projektphasen leitete das Projektteam folgende neue Maßnahmen für die bundesweite Tour ab:
Barrierefreiheit: Übersetzungen in Deutscher Gebärdensprache und in Arabisch, Französisch, Türkisch, Russisch, Polnisch, Englisch, um möglichst diverse Zielgruppen zu erreichen.
Eine barrierefreie 2D-Anwendung steht für Menschen mit besonderer Sinnessensibilität zur Verfügung.
Erweiterung der Bildungsangebote: Entwicklung neuer pädagogischer Konzepte für Schulen, Gedenkstätten und Integration in die schulische und außerschulische Bildungsarbeit sowie für Erwachsene.
Internationale Vernetzung: Kooperationen mit Wissenschaftler:innen und Institutionen zur langfristigen Verankerung in der Erinnerungskultur.
Mit „In Echt?“ wird nicht nur das Erinnern an NS-Unrecht gesichert, sondern auch eine zukunftsweisende Form der Vermittlung etabliert, die Empathie, Wissen und Verantwortungsbewusstsein für kommende Generationen stärkt. Die innovative VR-Erfahrung ist somit weit mehr als eine technologische Möglichkeit – sie ist ein entscheidender Schritt in die Zukunft des Erinnerns.
Das Projekt „In Echt?“
Was passiert, wenn die letzten Zeitzeug:innen des Nationalsozialismus nicht mehr da sind? Wer erzählt dann ihre Geschichten?
Das Projekt „In Echt? – Virtuelle Begegnungen mit NS-Zeitzeug:innen“ bietet einen möglichen Weg, um die Eindringlichkeit von erzählten Zeitzeugenberichten für nachfolgende Generationen zu bewahren. Mithilfe einer VR-Brille begegnet man fünf Überlebenden des Holocausts im virtuellen Raum. Die Intensität der Begegnung und der medienkritische Bildungsansatz des Projektes fördern Empathie und vermitteln Wissen auf eine neue Art, um ein starkes Bewusstsein für die Bedeutung von Demokratie und Menschenrechte zu schaffen.
„In Echt?“ steht für eine neue Form der Erinnerungskultur in Deutschland – authentisch, wirkungsvoll und zukunftsweisend. In einer Zeit, in der Antisemitismus und Geschichtsverzerrung wieder zunehmen, leistet das Projekt einen essenziellen Beitrag zur demokratischen Bildung und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das Erinnerungsprojekt reagiert auf die wachsende gesellschaftliche Notwendigkeit, NS-Unrecht für nachfolgende Generationen authentisch und eindringlich erfahrbar zu machen – gerade in einer Zeit, in der Antisemitismus und Geschichtsrelativierung wieder an Einfluss gewinnen.
Die Deutschlandtour 2025
Von Mai bis September 2025 führt eine bundesweite Tour das Projekt „In Echt?“ durch Deutschland. Der mobile Ausstellungstruck macht an acht Orten Halt und gastiert bei Museen, Gedenkstätten, Bildungseinrichtungen, aber auch an öffentlichen Plätzen.
Die Inhalte der mobilen Ausstellung sind in den Sprachen Arabisch, Französisch, Türkisch, Russisch, Polnisch, Englisch und in Deutscher Gebärdensprache barrierearm angeboten, um möglichst viele Menschen zu erreichen.
Stationen und Termine
Potsdam (Brandenburg)
Zeitraum: 07.05.2025 – 11.05.2025
Ort: Brandenburger Tor
Halle/Saale (Sachsen-Anhalt)
Zeitraum: 13.05.2025 – 16.05.2025
Ort: Marktplatz
Zwickau (Sachsen)
Zeitraum: 19.05.2025 – 23.05.2025
(Am 21.05. an einem anderen Standort)
Ort: Hauptmarkt
Erfurt (Thüringen)
Zeitraum: 26.05.2025 – 30.05.2025
Ort: Willy-Brandt-Platz
Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern)
Zeitraum: 02.06.2025 – 06.06.2025
Ort: Alter Garten / Platz am Pfaffenteich
Vier weitere Orte in Westdeutschland schließen sich an. Alle Tourdaten und Updates finden Sie unter: www.in-echt-projekt.de
Meilensteine der bundesweiten Tour
Im Gedenken an das Kriegsende vor 80 Jahren steht 2025 die bundesweite Tour der mobilen Ausstellung im Fokus.
- Auftaktveranstaltung am Brandenburger Tor (Potsdam) am 7. Mai um 14:30 Uhr: Der Truck gastiert bis 11. Mai 2025 in Potsdam. Die erweiterte interaktive Ausstellung wird erstmals in einem mobilen Truck präsentiert und bietet allen Besucher:innen die Möglichkeit, die virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug:innen zu erleben.
- Bundesweite Tour durch acht Bundesländer: Zwischen Mai und September 2025 wird die Ausstellung in Halle/Saale (Sachsen-Anhalt), Zwickau (Sachsen), Erfurt (Thüringen) Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) und an vier weiteren öffentlichen Plätzen in westdeutschen Städten zugänglich sein. Schulklassen werden gezielt eingeladen, um die VR-Erfahrung mit pädagogischen Workshops zu verbinden.
- Summer School 2025 an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF (29.09.–02.10.2025): In Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Expert:innen wird die Veranstaltung die Zukunft der digitalen Erinnerungskultur diskutieren und Multiplikator:innen schulen.
- Publikation der Projektergebnisse: Im Zentrum der Publikation steht das Praxis-Projekt „In Echt?“, dessen Dokumentation und Auswertung durch Input-Beiträge und Exkurse aus Kunst, Technologie und Vermittlung ergänzt und in einen breiten Kontext gestellt wird. Die Publikation soll das Projekt sowohl für ein Fachpublikum als auch für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich machen und die Ergebnisse aus Forschung und Praxis niedrigschwellig zusammenfassen und vermitteln.
Hintergrund
Was ist Volumetrie?
Im Bereich der Medientechnologie spricht man von volumetrischen Aufnahmen, wenn reale Objekte von Kameras dreidimensional und fotorealistisch erfasst werden. Diese Aufnahmen können dann in eine virtuelle Welt eingebunden werden.
Für diese Ausstellung wurden volumetrische Aufnahmen von Zeitzeug:innen des Nationalsozialismus produziert. Dazu wurden in einem speziellen Studio jede:r der Zeitzeug:innen mit 36 Kameras gleichzeitig, von allen Seiten und aus verschiedenen Winkeln gefilmt. Jede dieser Kameras nimmt zweidimensionale Bilder auf. Aus diesen Aufnahmen wird ein dreidimensionales Abbild erzeugt. Um dieses Bild in beliebigen, virtuell „gebauten“ Räumen einsetzen zu können, wird die Umgebung der Aufnahmesituation entfernt. Der Bau eines solchen virtuellen Raums erfolgt in einer Game-Engine, einer Software, mit der sich das Design, die Funktionsweise und mögliche Interaktionen des virtuellen Raums bestimmen lassen. Um Ihnen einen Eindruck von der Produktionsumgebung zu vermitteln und die Aufnahmesituation für Sie erfahrbar zu machen, wurde für diese VR-Experience ein Raum modelliert, der einem volumetrischen Studio ähnelt.
Entwicklung und Projektphasen von „In Echt?“
1. Projektphase (2022–2024)
Schon für das interdisziplinäre Forschungslabor SPUR.lab (2020-2023) kooperierten das Brandenburg Museum und die Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF, um die narrativen Möglichkeiten der Geschichtsvermittlung von interaktiven digitalen Technologien zu untersuchen. Die Leitfragen waren: Welchen Beitrag können digitale Technologien leisten, Gedenk- und Geschichtsorte in der Bewahrung und Vermittlung der Erinnerung zu unterstützen? Wo verläuft die Spannungslinie zwischen technologischen Möglichkeiten und ethischen Grenzen? Wie können digitale Narrative gestaltet werden?
Im Herbst 2022 startete das Projekt „In Echt?“ als Kooperation zwischen der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte und der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF, um den Einsatz von volumetrischen Interviews mit NS-Zeitzeug:innen in der erinnerungspolitischen Bildungsarbeit zu erproben und zu untersuchen.
2. Projektphase (2022-2024)
Aus Rohdaten volumetrisch aufgezeichneter Interviews mit NS-Zeitzeug:innen, die im Archiv der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF vorliegen, wurde eine Virtual Reality-Anwendung für eine mobile Ausstellung entwickelt, die ab Sommer 2023 durch Brandenburg tourte und vor Ort Schüler:innen in Workshops neue Wege der Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und der Begegnung mit NS-Zeitzeug:innen ermöglichte. Sie gastierte auf öffentlichen Plätzen in Potsdam sowie in größeren und kleineren Orten in Brandenburg, u.a. in der Prignitz, in der Lausitz und im Landkreis Oder-Spree und war kostenfrei zu sehen.
Die VR-Experience sowie die mobile Ausstellung tourten im Herbst 2023 durch das Land Brandenburg zu größeren und kleineren Orten:
29. August bis 2. September – Potsdam, Kutschstallhof am Brandenburg Museum
4. bis 7. September – Wittstock/Dosse, Bibliothek im Kontor
8. bis 12. September – Kyritz, Marktplatz
13. bis 17. September – Pritzwalk, Museumsfabrik
20. bis 24. September – Jüterbog, Kulturquartier Mönchenkloster
25. bis 30. September – Cottbus, Piccolo Theater Cottbus
10. bis 14. Oktober – Finsterwalde, Kulturweberei
Im Rahmen einer sechswöchigen Tour in Brandenburg wurde der Austausch mit Schüler:innen, Lehrkräften, Wissenschaftler:innen, technologischen Entwickler:innen, Gedenkstättenmitarbeiter:innen und Bildungsexpert:innen intensiviert. Diese Phase ermöglichte einen detaillierten Einblick in die Bedarfe speziell der jungen Generation. Der mobilen Ausstellungstour schloss sich eine wissenschaftliche Evaluationsphase an, in der die Ausstellung inkl. VR-Experience und die pädagogische Arbeit mit Schüler:innen ausgewertet wurde.
Eine dreistufige wissenschaftliche Evaluation ergab, dass die überwiegende Mehrheit, der über 1500 Schüler:innen die Begegnung im VR-Raum als sehr intensiv empfunden hat. Die empathische Auseinandersetzung trug wesentlich dazu bei, das Unrecht der NS-Zeit mit ihrer Lebensrealität zu verknüpfen.
In einer international besetzten Konferenz im Juni 2024 im Brandenburg Museum in Potsdam wurde die Relevanz des Projekts auch für die bundesweite Forschung und Wissenschaft deutlich. Prof. Aleida Assmann betonte in ihrer Keynote die Rolle der Vermittlung von Zeitzeugenschaft für die zukünftige Erinnerungskultur.
3. Projektphase: (2024-2025)
Vom 07.11.2024 – 30.03.2025 präsentierte das Brandenburg Museum eine Ausstellung, die Besucher:innen die Möglichkeit bot, mit „In Echt?“ die Zukunft des Erinnerns kennenzulernen und eine persönliche Antwort auf zentrale Fragen zu finden: Kann die virtuelle Begegnung einen empathischen, individuellen und emotionalen Zugang zur NS-Geschichte ermöglichen? Was kann der Einsatz moderner Medien in der Erinnerungsarbeit möglicherweise nicht bewahren? Ein speziell hierfür konzipierter Workshop und Projekttag für die Jahrgangsstufen 9-12 stand ebenfalls im Fokus und wurde in der bundesweiten Presse als Best-Practice-Beispiel hervorgehoben. Die Ausstellung im Brandenburg Museum erreichte 6874 Besucher.
4. Projektphase: (2025)
Nach dem Ende der Ausstellung im Brandenburg Museum geht „In Echt? – Virtuelle Begegnungen mit NS-Zeitzeug:innen“ 2025 mit einer bundesweiten Deutschlandtour in die nächste Projektphase.
Die Zeitzeug:innen in der VR-Anwendung
Charlotte Knobloch, geb. Neuland: Holocaust-Überlebende, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern
Charlotte Knobloch wurde 1932 in München geboren. Auf Druck der Nationalsozialisten ließ sich ihre Mutter 1936 von Knoblochs jüdischem Vater scheiden. Knobloch wuchs fortan bei ihrer Großmutter auf. Schon als kleines Kind erlebte sie, wie Juden und Jüdinnen im nationalsozialistischen Deutschland ausgegrenzt und entrechtet wurden. Ihre Großmutter wurde 1942 in das Ghetto und Konzentrationslager (KZ) Theresienstadt deportiert und starb dort an den katastrophalen Lebensbedingungen. Knobloch selbst überlebte den Holocaust dank einer ehemaligen Hausangestellten der Familie, die sie getarnt als uneheliches Kind auf einem Bauernhof versteckte. Nach Kriegsende kehrten Knobloch und ihr Vater, der als Zwangsarbeiter überlebt hatte, nach München zurück. Knobloch begann ein neues Leben: Nach einer Ausbildung heiratete sie Samuel Knobloch, der ebenfalls den Holocaust überlebt hatte. Nach der Geburt ihrer drei Kinder gab die Familie den Plan auf, in die USA auszuwandern. Knobloch bekleidete verschiedene Ämter in der jüdischen Gemeinde und ist seit 1985 Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Von 2006 bis 2010 war sie als erste Frau Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Inge Auerbacher: Überlebende des Konzentrationslagers Theresienstadt, Chemikerin
Inge Auerbacher wurde 1934 in Kippenheim am Schwarzwald geboren und wuchs in einer strenggläubigen jüdischen Familie auf. Im Jahr 1938 musste sie im Alter von vier Jahren miterleben, wie SA-Männer während der Novemberpogrome das Wohnhaus der Familie angriffen. Ihr Vater und ihr Großvater wurden verhaftet und für einige Wochen im Konzentrationslager (KZ) Dachau inhaftiert. 1941 wurde ihre Großmutter in das KZ Riga-Kaiserwald deportiert und dort ermordet. Im selben Jahr musste Inge Auerbacher mit dem Rest ihrer Familie in ein sogenanntes „Judenhaus“ umziehen. Wenig später wurde sie mit ihren Eltern in das KZ und Ghetto Theresienstadt deportiert, wo die siebenjährige Auerbacher Zeugin der menschenunwürdigen, lebensfeindlichen Bedingungen und der Gewalt wurde, die viele Häftlinge das Leben kostete. Neben ihrer Großmutter wurden zahlreiche weitere Familienmitglieder im Holocaust ermordet. Auerbacher selbst gehörte zu dem einen Prozent der Kinder, die das Ghetto und das Konzentrationslager Theresienstadt überlebten. Nach der Befreiung des Lagers durch die Rote Armee emigrierte sie 1946 in die USA. Dort erkrankte sie als Spätfolge der Lagerhaft an Tuberkulose. Nach ihrer Genesung schloss sie die Schule ab, studierte Chemie und arbeitete anschließend erfolgreich als Chemikerin.
Ruth Winkelmann, geb. Jacks: Holocaust-Überlebende, Schneiderin
Ruth Winkelmann kam 1928 in Hohen-Neuendorf bei Berlin zur Welt. Sie verbrachte zunächst eine glückliche Kindheit im Umfeld ihrer liberalen, deutsch-jüdischen Familie, die einen erfolgreichen Altmetallhandel betrieb und sich Deutschland sehr verbunden fühlte. Ihre Mutter war zum Judentum konvertiert. 1942 wurde die Scheidung ihrer Eltern vom Staat erzwungen. Winkelmanns Vater wurde in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und, wie alle weiteren jüdischen Familienmitglieder von Winkelmann, ermordet. Winkelmann besuchte die jüdische Mädchenschule in Berlin Mitte und erlebte 1938 die entsetzliche Gewalt während der Novemberpogrome. Mit vierzehn Jahren wurde sie zur Zwangsarbeit in einer Berliner Uniformfabrik verpflichtet. Nur durch einen bürokratischen Zufall entkam sie 1943 der Deportation und überlebte mit ihrer Mutter, versteckt in einer Laubenkolonie in Wittenau. Ihre kleine Schwester Eddie starb dort an Diphtherie und den Folgen der Unterernährung.
Nach dem Krieg wurde Winkelmann Schneiderin und Schwimmtrainerin. Sie heiratete und bekam einen Sohn. In den 1960er Jahren besuchte sie die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Auschwitz-Monowitz und unternahm seither mehrere Reisen nach Israel, um eine Kusine zu besuchen.
Leon Weintraub: Überlebender von vier Konzentrationslagern, Arzt
Leon Weintraub wurde 1926 in Łódź, Polen als Kind jüdischer Eltern geboren. Nach dem Tod des Vaters sorgte seine Mutter für die Familie und betrieb eine kleine Wäscherei. 1940 wurde die Familie in das Ghetto Litzmannstadt zwangsumgesiedelt, wo der 14-jährige Weintraub unter Hunger schwerste Arbeit verrichten musste. 1944 wurde er mit seiner Familie in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort von seinen Schwestern getrennt. Seine Mutter wurde unmittelbar nach der Selektion ermordet. Weintraub gehört zu den wenigen Menschen, denen die Flucht aus Auschwitz gelang. Mit einem Häftlingstransport kam er erst in das Konzentrationslager (KZ) Groß-Rosen, von dort zunächst in das KZ Flossenbürg, dann in das KZ Natzweiler-Struthof/Offenburg. Als die SS die Häftlinge vor den heranrückenden alliierten Truppen ins Landesinnere verlegen wollte, konnte Weintraub mit anderen Gefangenen fliehen. Zu diesem Zeitpunkt wog Weintraub nur noch 35 Kilo und litt an Typhus. Von seiner Familie haben nur drei seiner Schwestern den Holocaust überlebt.
Nach dem Krieg studierte Weintraub, der in seiner Jugend kaum Schulbildung erhalten hatte, erfolgreich Medizin in Göttingen. Er heiratete, wurde Vater eines Sohnes und arbeitete als Gynäkologe in Warschau. Im antisemitischen Klima Polens verlor Weintraub 1969 seine Stelle als Chefarzt und emigrierte nach Schweden, wo er bis heute lebt.
Kurt Hillmann: Holocaust-Überlebender, Diplom-Wirtschaftler
Kurt Hillmann wurde 1933 in Berlin geboren. Als Kind einer jüdischen Mutter und Schüler der jüdischen Schule erlebte Hillmann bereits im Grundschulalter Ausgrenzung und Gewalt durch Gleichaltrige. Sein nichtjüdischer Vater stand klar zu seiner Frau und versuchte, seine Familie und andere Menschen vor Entrechtung und Deportation zu schützen. Wegen seiner blonden Haare konnte sich Hillmanns bis 1944 in Berlin relativ frei bewegen und übernahm mehrmals die Aufgabe, andere Juden mit der S-Bahn zu einem Versteck zu begleiten – auch weil er auf Geheiß seines Vaters den „Judenstern“ nicht trug. Mit Hilfe eines Beamten gelang es dem Vater, seinen Sohn in einem Erholungsheim für tuberkulosekranke Kinder unterzubringen, wo der elfjährige Hillmann seine jüdische Identität verheimlichen musste. Seine Mutter starb in seiner Abwesenheit an Tuberkulose, weil ihr als Jüdin medizinische Behandlung vorenthalten wurde.
Nach dem Krieg kehrte Hillmann nach Berlin zurück. Dort hatte sein Vater den Krieg überlebt, während die gesamte Familie von Seiten der jüdischen Mutter im Vernichtungslager Kulmhof ermordet worden war. Hillmann macht Abitur, studiert dann Ökonomie und wird Außenhändler für die DDR. Er starb am 28. Februar 2025.
Bildung und Vermittlung
Die mobile Ausstellung „In Echt?“ verbindet neue Technologien mit historischer Bildungsarbeit. Im Mittelpunkt stehen virtuelle Begegnungen mit NS-Zeitzeug:innen, die über eine VR-Anwendung erfahrbar werden. Ergänzend stehen didaktische Materialien zur Verfügung, die für unterschiedliche Zielgruppen entwickelt wurden. Fachliche Einordnungen begleiten das Projekt und eröffnen einen Diskurs über Formen des Erinnerns heute. Alle Workshops verbinden modernste VR-Technologie mit fundierter historischer Bildung und bieten Raum für Fragen, Diskussionen und persönliche Auseinandersetzung.
Unsere Workshops: Virtuelle Begegnungen mit NS-Zeitzeug:innen
Im Mittelpunkt unseres Projekts „In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug:innen“ stehen medienpädagogische Workshops, die durch volumetrisch aufgezeichnete Interviews einen emotionalen und authentischen Zugang zur NS-Geschichte ermöglichen. Unsere Workshops bieten einen geschützten Raum, in dem Teilnehmende in direkten „Kontakt“ mit Zeitzeug:innen treten können – eine Erfahrung, die nach dem Ende der Zeitzeugenschaft sonst nicht mehr möglich wäre.
Mobile Ausstellung: Erinnerungskultur für alle
Der Ausstellungstruck für die bundesweite Tour ermöglicht es uns, noch mehr Menschen zu erreichen. Wir haben unterschiedliche Workshop-Formate entwickelt, die speziell auf die Bedürfnisse und Interessen verschiedener Altersgruppen zugeschnitten sind:
Workshops für Jugendliche: Altersgerechtes Programm für Schulklassen und Jugendgruppen ab 14 Jahren, welches sowohl historisches Wissen und gleichzeitig emotionale Zugänge schaffen
Workshops für Erwachsene: Niedrigschwellige Angebot, das neue Perspektiven auf die Geschichtsvermittlung von NS-Zeit eröffnet und zur Reflexion anregen
Alle Workshops verbinden modernste VR-Technologie mit fundierter historischer Bildung und bieten Raum für Fragen, Diskussionen und persönliche Auseinandersetzung.
Pädagogisches Begleitmaterial für nachhaltige Bildung
Für Lehrkräfte und Jugendsozialarbeiter:innen stellen wir umfassendes Material zur Vor- und Nachbereitung der Workshops bereit. So kann die Auseinandersetzung mit den Themen auch über den Workshop hinaus fortgeführt werden.
Das Bildungsprogramm im Detail
1. Workshops
Workshop für Schulklassen und Jugendgruppen
Zielgruppe: Geeignet für die Klassenstufen 9 bis 13 und für Jugendgruppen ab 14 Jahren
Maximale Teilnehmendenzahl: 30 Personen plus Betreuungsperson(en)
Dauer und Uhrzeit: 90 Minuten, an den Tourtagen jeweils um 9:15 Uhr, 11:15 Uhr und 14:15 Uhr
Kosten: Das pädagogische Angebot ist kostenfrei.
Lerninhalte: In diesem Workshop erhalten Jugendliche eine Einführung in die NS-Zeitzeugenschaft und lernen die technologische Entwicklung der volumetrischen Aufnahmen kennen. Im Rahmen eines medienpädagogischen Parcours untersuchen sie an bis zu sieben Stationen, welche Potenziale und Grenzen es für Zeitzeug:innen in der virtuellen Realität gibt, um sie für die Geschichtsvermittlung und Erinnerungskultur zu bewahren. Sie erleben die Zeitzeugenaussagen in einer VR-Anwendung und reflektieren die Produktion sowie die Wirkung dieser digitalen Form der Geschichtsvermittlung im Vergleich zu traditionellen Methoden. Anschließend diskutieren sie in einer moderierten Runde über den Einsatz digitaler Medien in der Erinnerungsarbeit und deren Bedeutung für die Zukunft der Geschichtsvermittlung. Der Workshop eignet sich sowohl als Ergänzung zum Schulunterricht als auch für fächerübergreifende Projekte, die sich mit dem Thema Erinnerungskultur und neuen Technologien beschäftigen.
Workshop für Erwachsene
Zielgruppe: Für interessierte Erwachsene ab 18 Jahren
Maximale Teilnehmendenzahl: 20 Personen
Dauer und Uhrzeit: 90 Minuten, nach Absprache
Kosten: Das pädagogische Angebot ist kostenfrei.
Lerninhalte: Durch den Workshop wird erstmals auch für Erwachsene eine intensive Auseinandersetzung mit NS-Zeitzeugnissen durch virtuelle Realität angeboten. Ziel ist es, Hemmschwellen gegenüber der VR-Technologie abzubauen und gegebenenfalls diese mit früheren persönlichen Erfahrungen mit realen Zeitzeug:innen zu vergleichen. Die kritische Reflexion bildet hierbei einen zentralen Bestandteil: Wie verändert die digitale Darstellung die Wahrnehmung von Zeitzeugenberichten? Und welche ethischen Fragen entstehen durch die volumetrische Reproduktion dieser Erinnerungen? Der Workshop mit seinen insgesamt fünf Stationen regt somit zum Nachdenken über die Zukunft der Erinnerungskultur an, wenn analoge Begegnungen mit NS-Zeitzeug:innen nicht mehr möglich sind. Er soll infolgedessen Interessierten einen generationenübergreifenden Dialog über die Potenziale und Grenzen digitaler Erinnerungsarbeit und deren Bedeutung für eine zeitgemäße Aufarbeitung von NS-Geschichte ermöglichen.
2. Das Pädagogische Begleitmaterial
Unsere Module: Vertiefende Lernerfahrungen außerhalb der Workshops
Unser Projektteam hat insgesamt drei Module entwickelt, die einen tieferen Einblick in verschiedene Aspekte der NS-Geschichte und Erinnerungskultur ermöglichen. Jedes Modul ist für Jugendliche ab 14 Jahren und Schulklassen der Stufen 9 bis 13 konzipiert und dauert 90 Minuten. Alle Module bieten fundierte historische Bildung und fördern gleichzeitig kritisches Denken, Empathie und Verantwortungsbewusstsein. Durch die Kombination von historischem Wissen, persönlichen Berichten und innovativen Vermittlungsmethoden schaffen wir nachhaltige Lernerfahrungen, die weit über den Workshop hinaus wirken sollen.
Wir laden Lehrkräfte, Sozialpädagog:innen und Akteur*innen der historisch-politischen Bildung herzlich ein, das Begleitmaterial zu unseren Bildungsangeboten außerhalb der angebotenen Workshops zu nutzen.
Modul 01: Jüdische Zeitzeug:innen und ihre Lebenswege während der NS-Zeit
In diesem Workshop begegnen die Teilnehmenden den persönlichen Schicksalen jüdischer Zeitzeug:innen. Durch die Arbeit mit verschiedenen Medienformaten (Text, Video, Audio) erfahren sie die emotionale Dimension der NS-Geschichte und entwickeln ein tieferes Verständnis für die Bedeutung von Zeitzeugenberichten.
Modul 02: NS-Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter:
Dieser Workshop untersucht, wie digitale Medien und Technologien die Art und Weise verändern, wie wir an die NS-Zeit erinnern und darüber lernen. Die Teilnehmenden analysieren innovative digitale Vermittlungsprojekte wie virtuelle Rundgänge, Augmented-Reality-Anwendungen, Hologramme von Zeitzeug:innen und interaktive Online-Ausstellungen.
Modul 03: Spuren von NS-Unrecht im eigenen Umfeld
Dieser Workshop verbindet persönliche Familiengeschichte mit lokalhistorischer NS-Aufarbeitung. Die Teilnehmenden erstellen individuelle Familienstammbäume und identifizieren Familienangehörige, die die NS-Zeit miterlebt haben könnten. Die persönlichen Geschichten werden durch einen Überblick über regionale NS-Verbrechen und lokale Erinnerungsorte kontextualisiert.
3. Modulbeschreibungen
Modul 01: Jüdische Zeitzeug:innen und ihre Lebenswege während der NS-Zeit
Zielgruppe: Geeignet für die Klassenstufen 9 bis 13 bzw. für Jugendliche ab 14 Jahren
Dauer: 90 Minuten (Auf zwei Unterrichtsstunden aufteilbar)
Inhalt: Dieser Workshop führt die Teilnehmenden an die persönlichen Schicksale jüdischer Zeitzeug:innen der NS-Zeit heran und verdeutlicht deren Bedeutung für unsere Erinnerungskultur. In einer sensiblen Einführung erleben die Teilnehmenden zunächst einen ersten Zeitzeugenbericht per Video, der die emotionale Dimension des Themas eröffnet. Im Hauptteil arbeiten die Jugendlichen in Kleingruppen mit unterschiedlichen Zeitzeugenberichten (Text, Video, Audio). Sie analysieren Lebenswege, zentrale Aussagen und emotionale Dimensionen der Berichte. Die erstellten Zeitstrahlen visualisieren individuelle Schicksale im historischen Kontext. In der anschließenden Präsentations- und Diskussionsphase werden die erarbeiteten Materialien ausgetauscht und reflektiert. Die Teilnehmenden diskutieren, wie persönliche Berichte ihr Geschichtsverständnis bereichern und welche Bedeutung Zeitzeug:innen für die historische Aufarbeitung haben. Der Workshop schließt mit einer Betrachtung der Verantwortung nachfolgender Generationen für die Bewahrung dieser Erinnerungen – besonders angesichts des zunehmenden Verlusts von Zeitzeug:innen. Die Teilnehmenden reflektieren, welche Lehren aus den persönlichen Erzählungen für Gegenwart und Zukunft gezogen werden können.
Lernziele:
Kennenlernen jüdischer Zeitzeug:innen und deren Lebenswege (während der NS-Zeit) anhand biografischer Materialien und Zeitzeugenberichte
Verständnis für die Bedeutung von Zeitzeugenberichten aus der NS-Zeit entwickeln
Verstehen lernen, welche Rolle die NS-Zeitzeug:innen in der bisherigen Erinnerungskultur eingenommen haben
Sensibilisierung für die Perspektive diskriminierter und verfolgter jüdischer Menschen
Modul 02: NS-Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter
Zielgruppe: Geeignet für die Klassenstufen 9 bis 13 bzw. für Jugendliche ab 14 Jahren
Dauer: 90 Minuten (Auf zwei Unterrichtsstunden aufteilbar)
Inhalt: Dieser Workshop beleuchtet die Transformation der NS-Erinnerungskultur durch digitale Medien und Technologien. Die Teilnehmenden diskutieren zunächst grundlegende Konzepte der Erinnerungskultur und deren gesellschaftliche Bedeutung, bevor sie in die spezifischen Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung für die Vermittlung der NS-Geschichte eingeführt werden. In der Gruppenarbeitsphase analysieren die Schüler: innen in Kleingruppen verschiedene innovative digitale Vermittlungsprojekte wie virtuelle Rundgänge, Augmented-Reality-Anwendungen, Hologramme von Zeitzeug:innen und interaktive Online-Ausstellungen. Sie untersuchen die Zielsetzung, die technologische Umsetzung und die jeweiligen Vermittlungsansätze der Projekte. Danach ermöglicht eine Podiumsdiskussion den Teilnehmenden, in die Rolle von „Entwickler:innen“ dieser digitalen Projekte zu schlüpfen und ihre Konzepte einem kritischen Publikum zu präsentieren. In der anschließenden Vergleichsphase werden die Stärken und Schwächen der verschiedenen Ansätze reflektiert. Der Workshop schließt mit einer gemeinsamen Reflexion über die Potenziale und Grenzen digitaler Medien für die Erinnerungskultur. Die Teilnehmenden entwickeln Perspektiven, wie digitale Technologien genutzt werden können, um historisches Bewusstsein zu fördern und die Erinnerung an die NS-Zeit für kommende Generationen lebendig zu halten.
Lernziele:
Verständnis der Bedeutung der Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter
Reflexion über die Rolle digitaler Medien bei der Vermittlung von NS-Geschichte
Kritische Auseinandersetzung mit digitalen Projekten zur NS-Erinnerungskultur
Modul 03: Spuren von NS-Unrecht im eigenen Umfeld
Zielgruppe: Geeignet für die Klassenstufen 9 bis 13 bzw. für Jugendliche ab 14 Jahren
Dauer: 90 Minuten (Auf zwei Unterrichtsstunden aufteilbar)
Inhalt: Dieser Workshop verbindet persönliche Familiengeschichte mit lokalhistorischer NS-Aufarbeitung und fördert die Entwicklung methodischer Interviewkompetenzen. Aufbauend auf einer vorbereitenden Recherche zu Familienangehörigen entwickeln die Teilnehmenden ein Verständnis für historische Kontinuitäten und Brüche. Im Einstieg reflektieren die Jugendlichen ihre Vorabrecherchen und tauschen erste Eindrücke zur Thematik aus. Der erste Hauptteil widmet sich der Erstellung individueller Familienstammbäume. In Kleingruppen präsentieren die Teilnehmenden ihre Stammbäume und identifizieren gemeinsam Familienangehörige, die die NS-Zeit miterlebt haben könnten, bevor sie ihre bisherigen Erkenntnisse der gesamten Lerngruppe vorstellen. Der zweite Hauptteil kontextualisiert die persönlichen Familiengeschichten durch einen kompakten Überblick über regionale NS-Verbrechen und lokale Erinnerungsorte. Diese historische Einbettung schafft die Grundlage für die anschließende Gruppenarbeit, in der die Jugendlichen gezielte Interviewfragen für verschiedene Generationen ihrer Familien entwickeln. Im Abschluss präsentieren die Gruppen ausgewählte Interviewfragen und reflektieren die Bedeutung der Aufarbeitung von NS-Unrecht und einer lebendigen Erinnerungskultur für die heutige Gesellschaft. Der Workshop vermittelt nicht nur historisches Wissen, sondern sensibilisiert auch für Kontinuitäten und die Relevanz familiärer Erzählungen in der Geschichtsvermittlung.
Lernziele:
Einblick in die eigene Familiengeschichte und historische Kontinuität gewinnen
Verständnis der regionalen NS-Verbrechen und deren Aufarbeitung sowie dessen Einfluss auf die eigene Familiengeschichte
Förderung der Methodenkompetenz bezüglich der Durchführung eigener Interviews
Projektdaten
Projektträger:
Brandenburgische Gesellschaft für Kultur und Geschichte (BKG). Das Brandenburg Museum für Zukunft, Gegenwart und Geschichte ist ein Bereich der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH, die gefördert wird mit Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und der Landeshauptstadt Potsdam.
Brandenburg Museum für Zukunft, Gegenwart und Geschichte
Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam
Direktorin: Katja Melzer
Alle Tourdaten und Orte finden Sie unter: www.in-echt-projekt.de
Förderer:
Das Projekt wird in der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.
„In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug:innen“ ist ein Gemeinschaftsprojekt mit der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
Das Projektteam „In Echt?“
Johanna Schüller (Projektleitung „In Echt?“, BKG)
Dr. Katalin Krasznahorkai (Kuratorische Leitung, BKG)
Julia Baumann (Bildung und Vermittlung, BKG)
Olga Preiss (Tourenmanagement, BKG)
Johanna Gehring (Publikation, BKG)
Prof. Dr. Björn Stockleben (VR-Entwicklung, Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF)
Sophie Tummescheit (Evaluation, Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF)
Paulina Roth, Andrea Glaß und Nadine Redlich (Marketing und Kommunikation, BKG)
Ta-Trung (Gestaltung)
freybeuter Manufaktur (Truck und Ausstellung)
Kontakt:
Johanna Schüller
Gesamtprojektleitung und historische Begleitung
E-Mail j.schueller@gesellschaft-kultur-geschichte.de
Telefon: +49 33162085-39
Andrea Glaß
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon +49 331 620 85 49
Mobil +49 176 628 71 467
E-Mail a.glass@gesellschaft-kultur-geschichte.de
Julia Baumann
Pädagogische Mitarbeit/Workshopbuchung
E-Mail j.baumann@gesellschaft-kultur-geschichte.de
Telefon +49 331 620 85 48
Das Projekt wird in der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.

„In Echt? – Virtuelle Begegnung mit NS-Zeitzeug:innen“ ist ein Gemeinschaftsprojekt mit der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF.
