Ein schwarzweisses bBld mit einer Frau, die eine Brille für eine Virtual Reality Anwednung trägt
©BKG, Foto: Bettina Loppe

Digitale Wege in der Erinnerungskultur – Geschichte in virtuellen Welten?

Eine Best Practice-Ausstellung des SPUR.lab

Anfang 2020 startete in Potsdam das interdisziplinäre Forschungslabor SPUR.lab (Site Specific Augmented Storytelling lab) als gemeinsames Projekt der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen und der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF unter der Trägerschaft der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH. SPUR.lab erforscht die narrativen Möglichkeiten von interaktiven digitalen Technologien in der Erinnerungskultur und entwickelt neue Erzählformen zum Thema nationalsozialistische Konzentrationslager in Brandenburg.

Am 28. und 29. September 2022 lädt das SPUR.lab zu einer Tagung „Digitale Wege in der Erinnerungskultur – Geschichte in virtuellen Welten?“ ins HBPG ein. Ausgehend von den Fragen „Wie erinnern wir uns in Zukunft? Wie bewahren wir Erinnerung und Mahnung für die nachfolgenden Generationen?“ werden auf der Tagung einzelne Forschungsthemen präsentiert und diskutiert sowie auch Beispiele und Projektvorhaben zum Thema „Virtuelle volumetrische Zeitzeug:innen“ vorgestellt.

Die digitalen Projekte und Prototypen können ab dem 30. September im HBPG erlebt und ausprobiert werden.

Es ist deutschlandweit die erste Präsentation, die Anwendungen der digitalen Erinnerungskultur aus den Bereichen Augmented Reality, Apps, Gaming Apps, Virtual Reality, Volumetrische Zeitzeugen sowie Video und Sound versammelt und das Publikum zur Erkundung einlädt.

Die Partner

Blackbox

SPUR.lab & Katja Pratschke, Gusztáv Hámos, Beate Hetényi

Der Prototyp BLACKBOX skizziert ein virtuelles Modell des frühen KZ Oranienburg, an das heute in der Berliner Straße in Oranienburg nur noch ein Mauerstück und eine Gedenktafel erinnern. Mit Audio-Begleitung – gelesene Textpassagen aus dem Bericht des Häftlings Gerhart Seger, dem im Dezember 1933 die Flucht aus diesem KZ gelungen war und dessen Bericht international große Aufmerksamkeit erfahren hat – betritt man durch ein sich virtuell aufbauendes Lagertor das KZ Oranienburg. Mit dem Device kann man sich von Begriff zu Begriff teleportieren und jeweils die dazugehörende Textstelle hören. Man nähert sich dabei der BLACKBOX, dem Raum 16 (der Folterkammer des KZ), man betritt diesen Raum aber nie. Das KZ Oranienburg wird in der Anwendung nicht eins zu eins rekonstruiert, sondern künstlerisch verfremdet.

Präsentation des Arbeitsstandes.

Horizon

SPUR.lab & Arnold Dreyblatt, Beate Hetényi

Der Prototyp HORIZON ermöglicht, dass sich die Nutzer:innen mit verschiedenen historischen Orten im Land Brandenburg und den darin eingeschriebenen Geschichten in Beziehung setzen können. Mithilfe mobiler Endgeräte oder auch am Desktop entfaltet sich das Land als eine horizontal geschichtete Erinnerungslandschaft. HORIZON macht Spuren nationalsozialistischer Verbrechen sichtbar, erklärt historische Kontexte, vermittelt Wissen und gibt Orientierung vor Ort, um gleichsam durch die gegenwärtige Topographie hindurch blicken zu können. Die Mapping basierte Anwendung ist ein digitaler Blick auf den Horizont, an welchem Orte von NS-Verbrechen erscheinen. Die reale Umgebung wird so in direkte Verbindung zu den Tatorten gesetzt, die sich zwar an den Orten der ehemaligen Konzentrationslager ballten, aber noch an vielen weiteren Orten im Land Brandenburg zu finden sind.

Präsentation des Arbeitsstandes.

Vidness

SPUR.lab & Kaya Behkalam, Beate Hetényi

Das Projekt „VIDNESS” macht die Landschaft Brandenburgs zur virtuellen Ausgrabungsstätte: Innerhalb und außerhalb der ehemaligen nationalsozialistischen Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen führen Videodokumente durch historisches Terrain und legen Spuren der NS-Vergangenheit frei, die noch heute existieren und die weite Vernetzung des NS-Terrors in Brandenburg deutlich machen. Eine interaktive und wachsende Karte verknüpft verschiedene Videodokumente und 360° Videos, die vor Ort per Smartphone und Tablet oder in der Distanz als VR Installation erkundet und abgelaufen werden können.

Präsentation des Arbeitsstandes.

Zeitschichten

SPUR.lab & Swantje Bahnsen, Julius Michel, Beate Hetényi

Der Prototyp „ZEITSCHICHTEN“ setzt da an, wo sichtbare Spuren der historischen Topographie von nationalsozialistischen KZ fehlen. Die AR-Anwendung stellt als Animation den Aufbau, den Verfall und die Umgestaltung des Geländes des ehemaligen KZ Sachsenhausen dar. Durch diese Form der Expanded Reality erweitert sich das Lagergelände sowohl räumlich als auch zeitlich, wobei der Unterschied zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Rekonstruktion und Präsenzerfahrung immer gewahrt bleibt.

Präsentation des Arbeitsstandes.

AR Stolpersteine NRW

Ein digitales Angebot des WDR

Im Mittelpunkt des innovativen digitalen Angebots stehen die rund 16.000 Stolpersteine in Nordrhein-Westfalen. Seit Januar 2021 macht der WDR die Geschichte der Menschen, die hinter den Stolpersteinen des Künstlers Gunter Demnig stehen, auch digital zugänglich: mit Texten, Fotos, Audios, Illustrationen und Augmented-Reality-Elementen.

Der Sprung

Boris Hars-Tschachotin

Das Foto des DDR-Grenzsoldaten Conrad Schumann, der im Jahr 1961 mit einem Sprung über den Stacheldraht nach West-Berlin floh, ging damals in kürzester Zeit um die Welt. Im Deutschen Historischen Museum bringt einen der Filmregisseur Boris Hars-Tschachotin mit seiner 360° Virtual Reality Installation zurück ins Jahr 1961.

Leipzig `89 – Revolution reloaded

Deutsches Historisches Museum

Am 9. Oktober 1989 gingen in Leipzig 70.000 Menschen auf die Straße und protestierten gegen den autoritären Staat. Erstmals ließ die Staatsmacht der DDR die Menschen passieren und griff nicht ein, was keineswegs absehbar war. In Form einer interaktiven Graphic Novel können die Nutzer:innen diesen historischen Tag durchlaufen, selbst konkrete Entscheidungen treffen und somit den Verlauf der Ereignisse beeinflussen.

Between night and day – Immersive Slideshow

Maxime le Calvé, Dyonisis Zamplara, Mareike Stoll

Die digitalen Geisteswissenschaften konzentrierten sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts auf die Digitalisierung von Bibliotheksbeständen, die inzwischen Zugang zu einer unvorstellbaren Menge von Dokumenten gewähren. Das Forschungsanliegen des immersiven VR-Installationsprojekts „Between night and day“ greift das eloquente Beispiel des analogen Dias in digitalisierter Form auf und erforscht die dualen Formate, in denen es existiert, um Räume für das Ausloten des „Dazwischen“ zu schaffen.

VR Experience „Ernst Gube – das Vermächtnis“

Fraunhofer-Institut und UFA GmbH

Im August 2021 wurde im volumetrischen Studio in Potsdam-Babelsberg das erste volumetrische Zeitzeugeninterview gedreht und die Erinnerungen des Holocaust-Überlebenden Ernst Grube an seine Erfahrungen im nationalsozialistischen Deutschland und seine Gefangenschaft im Konzentrationslager Theresienstadt festgehalten. Mithilfe von 16 Kamerapaaren und einer enormen Rechenleistung entstand ein naturgetreues dreidimensionales Abbild des ergreifenden Zeitzeugenberichtes, welches direkt in eine virtuelle Welt integriert werden kann.

Volumetrisches Zeitzeugnis von Holocaustüberlebenden

Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF

Das volumetrische Projekt soll das Zeitzeugnis von Überlebenden und Zeitzeugen des Holocausts dokumentarisch festhalten und in höchstmöglicher Qualität bewahren. Die volumetrische Aufzeichnungstechnologie ist eine innovative Filmtechnik, mit der Personen vollumfänglich und authentisch dreidimensional aufgezeichnet und erlebbar gemacht werden. Es soll ein digitales Archiv mit sechs bis acht volumetrisch aufgezeichneten Interviews entstehen.

Lediz

Ludwig-Maximilians-Universität München

Das Projekt LediZ (Lernen mit digitalen Zeugnissen) entwickelte Hologramme von zunächst zwei Holocaustüberlebenden. Für die Erstellung der Hologramme wurden ihnen im Pollen Studio in England jeweils ca. 1.000 Fragen gestellt. Bei der Beantwortung wurden sie von zwei RED Epic-M-Dragon-Kameras stereoskopisch gefilmt, was sowohl eine zwei- als auch eine drei-dimensionale Visualisierung ermöglicht. Das Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften speichert die so gewonnenen Daten und die die „Hologramme“ werden mit einer Spracherkennungssoftware trainiert, um die Interaktion mit dem digitalen Zeugnis zu ermöglichen.

Borderzone 

Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Mit der Game-App kann man die wechselvolle Geschichte des Potsdamer Parks Babelsberg zur Zeit der deutsch-deutschen Teilung auf eigene Faust entdecken. Die Augmented Reality-Technologie schafft eine virtuelle Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart und macht verlorene oder verborgene Spuren der Zeitgeschichte wieder erfahrbar. Die SPSG möchte mit diesem kostenlosen „Serious Game“ multiperspektivische Wissensvermittlung fördern, Teilhabe ermöglichen und zu einem Diskurs über den Umgang mit dem Weltkultur­erbe einladen.

Spatial Audio Storytelling

Daniele Maselli

Dieser Prototyp für audio-visuelles Storytelling erforscht neue digitale Erzähl- und Bildungsformate direkt im Browser und stellt einen alternativen Weg dar, die Erinnerungen an die Gräuel der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland zu bewahren. Entstanden ist der Prototyp als Bachelorarbeit an der Fachhochschule Potsdam bei Prof. Dr. Marian Dörk und Prof. Dr. Angela Brennecke (Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF) in Kooperation mit dem SPUR.lab und der Gedenkstätte Sachsenhausen.

Wichtige Infos auf einen Blick

Öffnungszeiten

30. September bis 1. Oktober 2022, 14 bis 18 Uhr
6. bis 8. Oktober 2022, 14 bis 18 Uhr
13. bis 15. Oktober 2022, 14 bis 18 Uhr

Eintritt

Die Best Practice-Ausstellung ist kostenfrei.

Gruppenangebote

Besuchstermine für Gruppen sind auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten möglich. Absprachen und Anmeldungen sind beim Besucherservice möglich unter kontakt@gesellschaft-kultur-geschichte.de

SPUR.lab

Eine Landkarte, die digital auf einem Tablet gezeigt wird
Augmented Reality Studies, 2020, Foto: Bettina Loppe

SPUR.lab (Site Specific Augmented Storytelling lab) erforscht die narrativen Möglichkeiten von interaktiven digitalen Technologien, insbesondere Augmented Reality. Ziel ist, neue Erzählformen zum Thema „Nationalsozialismus und nationalsozialistische Lager in Brandenburg“ zu entwickeln.

Das Projekt SPUR.lab ist eine Projektpartnerschaft von der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, dem Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte sowie der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF unter der Projektträgerschaft der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte.

 

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