
#Mitbestimmung – Mehr Beteiligung junger Menschen bei Entscheidungen über Kulturelle Bildungsangebote
Ein multiperspektivischer Bericht von Jana Kühn
Mit „KulturCracks – Junge Jury Brandenburg“ sind wir zu Gast im Glashaus Prenzlau, welches seinem Namen alle Ehre macht. Verglaste Fensterfronten eines ehemaligen Autohauses geben Einblick in Räume, die nun der Beteiligung von Jugendlichen dienen. 2021 wurde es als Projektraum der gemeinnützigen LOKALS GmbH gegründet. Mittlerweile haben sich auf dem 6000 qm Gelände feste Strukturen eines täglichen Betriebs entwickelt. Hier ist Platz für selbsverwaltete Projekte von Jugendlichen. Es hostet ein Musiklabor für junge DJs/DJanes, die Bildungsmanuaktur und bespielt das Gelände mit einem Festival „uckerleben!“.
Es ist Anfang November 2024. 70 Klassensprecher:innen der Region versammeln sich hier auf Initiative des Glashaus Prenzlau e.V. um gemeinsam mit der Stadtverwaltung neue Wege der Beteiligung für junge Menschen in der Stadt Prenzlau zu diskutieren. Im Rahmen des ZukunftsLabs von „KulturCracks – Junge Jury Brandenburg“ können einige von ihnen in fünf Gruppen zu unterschiedlichen Themen (Bewegung/ Event/ Kunst & Kultur/ Umwelt/ Räume) mit Hilfe von Annika Rixen und Wendela Dreusch-Lehman, von Glashaus e.V., und Jana Kühn, von der Plattform Kulturelle Bildung Brandenburg, eigene Projekte entwickeln, für die es, dank des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur Brandenburg, auch direkt ein Budget zur Umsetzung gibt. Nach einer kleinen Einführung zum Programm, geht es es an die Visions-Tische.
Szenenwechsel
„Wir werden oft in der Schule wegen unserer langen Haare gemobbt, deshalb haben wir eine Band gegründet „Schlächt frisierd“. Mit einer Straßenshow wollen wir allen zeigen, was wir drauf haben.“, P. (12 Jahre)
Wir betreten die Empfangshalle in der Alten Post, Perleberg. Schon lange ist die Post hier nicht mehr aktiv, das Gebäude steht leer und weckt Erinnerungen bei den Perlebergern. Seit kurzem gibt es eine Initiative, die sich dieser Räume angenommen hat und auch schon mit dem Bürgermeister der Stadt im Gespräch ist. Es steckt viel Potenzial in den sonst so raren Freiräumen, ein Künstlerhaus mit Ateliers soll entstehen.
Macht, Geld, Visionen, Mitbestimmung – steht auf Zetteln, die in allen vier Ecken des Foyers aufgehangen sind.
„Lauft durch den Raum und stellt euch zu dem Wort, was Euch gerade am Besten gefällt . Was löst das Wort in Euch aus? Nehmt eine Haltung dazu ein.“. Maria Kwaschik, Regisseurin und Leiterin des Kulturkombinat Perleberg e.V. leitet so unsere Beiteiligungswerkstatt mit acht Jugendlichen ein.
Im Format „Open Stage“ stellt N. (20 Jahre) die Idee von ihr und ihrer Schwester vor – Ein selbst verwaltetes Jugendcafé soll hier in der Alten Post entstehen mit Möglichkeiten für Workshops für junge Leute, aber auch für Abhängen und Vernetzung. Eine Herausforderung beschreibt sie auch gleich: „Wie können andere Jugendliche von dem Angebot erfahren hier im Ländlichen?“ Die Wege sind weit, der Bus fährt nicht immer und ist dieser Ort in Perleberg ein gut erreichbarer Ort für alle? Denn zwischen den zur Region gehörenden Orten wie Wittenberge, Pritzwalk und Perleberg liegen viele Kilometer. Diana Thorimbert (Filmemacherin von Plan B e.V.), die die Werkstatt mit ihrer künstlerischer Expertise begleitet und dokumentiert weiß um die Umstände. Als Akteurin vor Ort in diversen Projekten versucht auch sie mit diesen Herausforderungen umzugehen.
Zwischen Visionen und Realistätslese

Wichtig ist uns die Nachhaltigkeit!
Szenenwechsel
Alle sitzen gemütlich im Wohnzimmer von J. (23 Jahre). Sie kommt aus der Mongolei und macht ihr Freiwilliges Soziales Jahr in Potsdam. Sie hat sechs Freund:innen eingeladen. Gemeinsam wollen sie in einer Projektwerkstatt mit Jenny Rolf vom Stadtteilnetzwerk Potsdam-West, selbst eine junge Erwachsene und schon erfahren im organisieren von Projekten, und Jana Kühn von der Plattform Kulturelle Bildung Brandenburg erarbeiten, welche Angebote für junge Menschen mit Migrationsgeschichte in Potsdam ansprechend sind und im Stadtbild noch fehlen.
Insgesamt finden drei dieser Treffen statt, in denen die Projektidee wächst. Es wird verabredet, dass das Projekt nachhaltig sein soll, Ressourcen schonend und die Materialen wieder verwendbar. Es sollen so vielen Jugendliche wie möglich teilnehmen können, aber es soll dennoch für alle Generationen offen bleiben. Auch wird sich etwas künstlerisches gewünscht und verschiedene Orte sollen bespielt werden um das eigene Netzwerk auszubauen und neue Kooperationen zu finden. Die direkte Beteiligung und Mitbestimmung von jungen Menschen mit Migrationsgeschichte ist ebenso wichtig. Jenny Rolf schlägt vor bei den vielen Ideen die entstehen eine dreitägige Aktionstag-Reihe in Potsdam zu machen und diese an bereits laufende Veranstaltungen wie den Lebendigen Adventskalender Potsdam anzuschließen. Das stößt auf allgemeine Begeisterung. Am Ende der dritten Session steht das Ergebnis: „CHAT – Чат – شات – Aktionstage“ – Sie beinhalten Kunstworkshops, einen Erzählkunst-Abend, ukrainische Esskultur und gemeinsames Kochen für alle Generationen im Refugeecenter Potsdam, auf dem Nikolausmarkt Potsdam-West und im Nachbarschaftsraum „Schillerchen“.

Szenenwechsel
„Die beiden Workshops im Putlitzer Jugendclub waren ein voller Erfolg. Sie boten den Teilnehmern die Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu erlernen und ihre Kreativität auszudrücken. Die positive Resonanz und die erzielten Ergebnisse zeigen, dass solche Veranstaltungen eine wichtige Bereicherung für die Jugendlichen sind und auch in Zukunft fortgesetzt werden sollten.“, berichtet Julia Lanz aus Pulitz.
In Putlitz ist es Julia Lanz, die sich als junge Frau ehrenamtlich in einem Jugendclub um die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder und Jugendlichen kümmert. Über das Landesförderprogramm der Plattform Kulturelle Bildung Brandenburg hat sie „KulturCracks – Junge Jury Brandenburg“ entdeckt und mit Elan das Programm nach Pulitz geholt. Aktive Projektpartner:innen vor Ort sind unabdingbar für das Gelingen der Beteiligung von Jugendlichen. Dank ihrer Moderation vor Ort entscheiden sich die Jugendlichen für einen Skulpturworkshop und einen Handy-Foto-Walkshop. Letzterer lies die Jugendlichen erfahren, was Fotokunst als Kulturtechnik bedeutet, was es mit Bildrechten auf sich hat und wie sie Smartphonekameras viel selbst bestimmter benutzen können.
ZukunftsLAB mal anders!

Szenenwechsel
In Perleberg ist mittlerweile ein zweites Treffen anberaumt. Beim PerleBäm – der Kulturnacht des Ortes dürfen auch Angebote für Jugendliche nicht fehlen. In der Alten Post leuchten die Ideen. Katja Martin (Bildende Künstlerin) lädt die Junge Jury und ihre Freund:innen zum Visionsatelier im Schwarzlicht ein. Hier werden Slogans, Fragen und Wünsche auf große Kartonpappen gesprüht und aufgestellt.
„Frei fliegen“, lautet ein Wunsch. – Es geht hier nicht nur um die konkreten Wünsche der Jugendlichen, sondern auch um das erkannte Problem der Sichtbarkeit. Wie sichtbar sind die Angebote für junge Menschen eigentlich in ländlichen Räumen? Wie sichtbar sind die Stimmen der jungen Menschen in Entscheidungsprozessen?
Szenenwechsel
Wieder in Prenzlau stehen die Entscheidungen fest: Ein selbstverwalteter Jugendraum mit eigener Gestaltung, ein Fitnessstudio mit selbst designten Geräten, ein DJ- und Plakat-Workshop zu Techno sowie ein selbstkuratiertes Kinoangebot sollen es werden. Nach der Abstimmung für die Projekte bekommt das Projekt mit den meisten Punkten noch ein Bonusbudget.
„Klar ist, dass es ab jetzt auch Begleitung braucht, damit die Projekte gelingen“, sagt Wendela Dreusch-Lehman und Annika Rixen stimmt zu. Beide Künstlerinnen kennen sich aus in der lokalen Kulturarbeit und wissen, was es bedeutet nachhaltig selbst verwaltete Räume aufrecht zu erhalten.
Sie sind froh, dass sich bald ein Verein der Sozialen Arbeit „Kulturwerk-Prenzlau e.V.“ als Kooperationspartner im Glashaus engagieren will. Gegründet hat er sich aus jungen Erwachsenen, die selbst in Prenzlau aufgewachsen sind und nun nach dem Studium zurückkehren. Auch auf den Beauftragten für Kinder und Jugendliche der Region hat KulturCracks Eindruck gemacht. Gemeinsam dirkutieren wir im Anschluss an die Jurysitzung, wie die Beteiligung von Jugendlichen in Prenzlau zu verbessern ist. Treffen dieser Art dienen natürlich auch der Netzwerkarbeit vor Ort. Hier leisten die Projektpat:innen Großes, denn es gilt die Gedanken der Jugendlichen weiterzutragen, zu verteidigen und gemeinsam mit der Stadtverwaltung und den Kommunen wirklich umzusetzen.
Beteiligung von Jugendlichen braucht genau das als feste Größen – Kontinuität vor Ort, diversitätssensible Ansprache der Zielgruppe mit agilen Formaten zur Ideen- und Entscheidungsfindung, die auch künstlerische Prozesse inkludieren, ein Ally-Dasein der Erwachsenen und wahrhaftes Interesse an der Lebensrealität und den Wünschen junger Menschen.
Mehr zum Programm „KulturCracks – Junge Jury“ von der Plattform Kulturelle Bildung Brandenburg: KulturCracks – Junge Jury Brandenburg
Das Programm wird gefördert mit Mitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur Brandenburg