Brandenburg Sessions. Künstler:innenresidenz in der Brandenburg.Ausstellung
Mit dem Artist-in-Residence-Programm „Brandenburg Sessions“ setzen wir auf künstlerische Forschung: Künstler:innen arbeiten vor Ort, forschen, intervenieren und entwickeln neue Perspektiven auf die Geschichte Brandenburgs.
Was ist künstlerische Forschung in der Brandenburg.Ausstellung

Künstlerische Forschung verbindet künstlerisches Arbeiten mit forschenden Methoden. Sie stellt Fragen, untersucht Themen und erschafft neue Ausdrucksformen, die Wissen anders erfahrbar machen. Statt fertige Antworten zu liefern, eröffnet künstlerische Forschung Denk- und Erfahrungsräume und fordert dazu auf, Geschichte neu zu betrachten.
Die Brandenburg.Ausstellung zeigt zehn Jahrhunderte Landesgeschichte. Dabei stehen die Perspektiven der Menschen im Mittelpunkt: ihre Erfahrungen, Biografien und Erinnerungen. Künstlerische Forschung ergänzt diese Erzählungen um neue Stimmen und Sichtweisen. Sie macht Leerstellen sichtbar, hinterfragt dominante Narrative und lädt Besucher:innen zum Mitdenken und Mitfühlen ein.
Unsere Artists-in-Residence 2025
Sonya Schönberger

Sie arbeitet auch mit bestehenden Archiven, zum Beispiel mit dem Nachlass des Journalisten André Müller, der die Nachkriegszeit in Westdeutschland dokumentiert hat, indem er einflussreiche Stimmen kritisch sammelte. Auch Funde einer archäologischen Grabung zur Freilegung eines Kriegsgefangenenlagers auf dem Tempelhofer Feld in Berlin fließen in ihre Arbeit ein.
2018 initiierte und begann sie das Langzeit-Videoarchiv „Berliner Zimmer“ in Kooperation mit dem Stadtmuseum Berlin. Dieses auf hundert Jahre angelegte Projekt lässt die Menschen in der Stadt selbst als Zeug:innen ihrer Realität zu Wort kommen und hält auf diese Weise sowohl individuelle als auch kollektive Stadtgeschichte fest.
Gegenwärtig richtet sie ihren Fokus verstärkt auf den Zusammenhang von Gesellschaft und Natur. Am Beispiel von Pflanzen untersucht sie die Auswirkungen kolonialer Expansion.
Je nach Projekt arbeitet sie mit Fotografie, Theater, Film, Installation, Audioformaten oder deren Kombination.
Künstlerische Forschung kann Leerstellen sichtbar machen
Geschichte besteht nicht nur aus Fakten, sondern auch daraus, welche Geschichten erzählt werden und welche im Hintergrund bleiben.
Leerstellen sind Erfahrungen, Perspektiven oder Ereignisse, die in der öffentlichen Erinnerung wenig Raum bekommen haben.
Künstler:innen fragen genau danach: Was fehlt? Was bleibt unausgesprochen?
Mit dem Artist-in-Residence-Programm „Brandenburg Sessions“ wird die Brandenburg.Ausstellung um künstlerische Forschung erweitert.
Sonya Schönbergers Projekte in der Brandenburg.Ausstellung

Im Rahmen der Residency zeigt Sonya Schönberger mehrere Arbeiten, die unterschiedliche Perspektiven auf Brandenburgs Geschichte eröffnen:
In der Soundarbeit Birds nutzt sie historische Aufnahmen des jüdischen Ornithologen Ludwig Koch, der in den 1930er Jahren Vogelstimmen in Brandenburg dokumentierte, bevor er vor den Nationalsozialisten nach England fliehen musste. Die Arbeit thematisiert Flucht, Erinnerung und das fragile Verhältnis zwischen Natur und Geschichte.
Mit der Videoinstallation Gangaram Gurung erzählt Schönberger gemeinsam mit der Historikerin Heike Liebau die Geschichte eines nepalesischen Kriegsgefangenen im Ersten Weltkrieg. Gangaram Gurungs Stimme, ein Porträtfoto und drei überlieferte Zeichnungen rekonstruieren – fragmentarisch und berührend – das Leben eines kolonialen Soldaten im deutschen Kriegsgefangenenlager Wünsdorf. Seine Geschichte steht stellvertretend für viele weitgehend vergessene Lebenswege im globalen Konflikt.
Die Skulptur Dismissed besteht aus etwa 2.000 Schlüsseln der ehemaligen Volkspolizei- und NVA-Kaserne in Basdorf, Barnim. Ursprünglich diente das Gelände als Zwangsarbeitslager für die Brandenburger Motorenwerke (Bramo) und die Zühlsdorfer Motorenwerke (Zühmo). Auch der französische Dichter Georges Brassens war hier während des Zweiten Weltkriegs im Rahmen des Pflichtarbeitsdienstes (STO) interniert.
Nach 1945 wurde das Gelände militärisch weitergenutzt, zunächst durch die Kasernierte Volkspolizei, später durch die Bereitschaftspolizei und schließlich als Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg.
Mit ihrer Skulptur reflektiert Sonya Schönberger die vielschichtige Geschichte des Ortes: von Zwangsarbeit und staatlicher Gewalt über Umbrüche bis hin zu neuen zivilen Nutzungen.
Das Projekt Wald und Krieg schließlich widmet sich den Wäldern Brandenburgs als Zeugen von Krieg, Besatzung und Regeneration. Schönberger untersucht mit Archivarbeit, Feldforschung und visueller Dokumentation, wie Landschaften Geschichte tragen – und gleichzeitig menschliche Erzählungen überschreiten. Die Präsentation dieser Arbeit ist für Ende 2025 geplant.
Mitmachen und entdecken
Die Brandenburg.Ausstellung lädt euch ein, die künstlerische Forschung mitzuerleben. In Workshops, Künstlergesprächen und öffentlichen Präsentationen könnt ihr Einblicke in die Arbeit der Künstler:innen gewinnen und eigene Perspektiven einbringen. Aktuelle Termine findet ihr hier auf der Webseite.
Die Brandenburg.Ausstellung im Brandenburg Museum erzählt die Geschichte des Landes über zehn Jahrhunderte hinweg, multiperspektivisch, multimedial und offen für neue Stimmen. Mit „Brandenburg Sessions“ wird künstlerische Forschung zum festen Bestandteil der Ausstellung: Kunst wird Werkzeug, um Geschichte gemeinsam neu zu denken.