Ausstellung „Das Weite suchen. Fotografien der späten DDR und frühen 1990er-Jahre“
28. November 2025 – 22. März 2026
Eröffnung am 27. November 2025
17.00 – 18.00 Voreröffnung der Ausstellung „Weiter geht’s nicht“ (Information s.u.)
Die Ausstellung präsentiert Bilder eines Jahrzehnts, das heute kontrovers erinnert und diskutiert wird. Sie zeigt Werke von zwölf Fotograf:innen, die persönlich, künstlerisch und sozialdokumentarisch das Weite suchten. Zwischen 1983 und 1995 setzten die Künstler:innen Stillstand und existenzielle Veränderungen ins Bild.
Ein Jahrzehnt im Umbruch – erzählt in Bildern
„Komm! ins Offene, Freund“ – der erste Vers eines Hölderlin-Gedichts war in der späten DDR ein beliebter Ausspruch. Die Ausstellung „Das Weite suchen“, kuratiert von Isabel Enzenbach und Anja Tack vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF), knüpft an die damit verbundene Aufforderung an und zeigt Fotografien, von Künstler:innen, die ihre Kamera nutzten, um den Blick zu öffnen.
Die gezeigten Fotoserien entstanden vor und nach 1989/90. In ihnen werden gesellschaftliche Enge und Aufbrüche jener Jahre sichtbar gemacht. Auch die fotografische Arbeit selbst vollzog sich unter wandelnden Bedingungen.
Entlang der Themen Jungsein, Arbeit und Arbeitslosigkeit, Lebensräume, Körper und Gewalt zeichnen sich abrupte Veränderungen und Neuanfänge ab.
Programm
Besuchsinformationen
- Laufzeit: 28. November 2025 – 22. März 2026
- Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 5 Euro
- Öffnungszeiten: Dienstag–Sonntag 11–18 Uhr, Donnerstag 11–20 Uhr
Die Ausstellung „Das Weite suchen“ lädt zu einer neuen Auseinandersetzung mit dem Jahrzehnt der Transformation in Ostdeutschland ein – von der späten DDR bis in die Mitte der 1990er Jahre. Gezeigt werden Fotografien, die individuelle Perspektiven auf Alltag, Protest und Wandel eröffnen. Die ausgewählten Arbeiten werfen einen intimen, kritischen oder irritierenden Blick auf ein Jahrzehnt, das bis heute nachwirkt.
Vermittlung & Partizipation
Das Brandenburg Museum bietet begleitend interaktive Vermittlungsformate für Jugendliche an:
- Artist Walk & Workshop für Schulklassen: Eine in „Das Weite suchen“ vertretene Fotografin führt durch die Ausstellung und gibt Einblicke in Arbeitsweisen und Hintergründe. Im Anschluss setzen Schüler:innen, inspiriert von den gezeigten Arbeiten, eigene fotografische Ideen mit Kamera oder Smartphone um; Ergebnisse können vor Ort präsentiert oder online veröffentlicht werden.
- Stop-Motion-Workshop: In Kleingruppen entstehen kurze Animationsfilme, inspiriert von ausgewählten Fotografien der Ausstellung und ihren Themen rund um Transformation und gesellschaftlichen Wandel.
- #MeinUmbruch – Videoprojekt: Jugendliche entwickeln kurze Videos zu persönlichen Erinnerungen und Perspektiven auf Umbrucherfahrungen; ausgewählte Beiträge können in Abstimmung kuratiert und auf museumseigenen Kanälen gezeigt werden.
Begleitprogramm
Das Begleitprogramm zur Ausstellung „Das Weite suchen“ erweitert den Blick auf das fotografische Erbe der Transformationszeit und schafft Räume für Reflexion, Austausch und Teilhabe. Neben klassischen Veranstaltungsformaten stehen dialogische und partizipative Zugänge im Mittelpunkt.
- Vernissage und Finissage: Öffentliche Veranstaltungen zur Eröffnung und zum Abschluss der Ausstellung mit Beteiligung der Kuratorinnen und ausgewählter Fotograf:innen.
- Dialogführungen in der Ausstellung: Thematisch strukturierte Gespräche im Ausstellungsraum mit Kurator:innen, Fotograf:innen, Historiker:innen und Zeitzeug:innen, u. a. zu den Themen Jugend, Arbeit, Arbeitslosigkeit, sowie Gewalt in den „Baseballschlägerjahren“.
- Filmreihe: In Kooperation mit dem Filmmuseum Potsdam werden Filme gezeigt, die persönliche, dokumentarische oder künstlerische Perspektiven auf die Wendezeit eröffnen, begleitet von moderierten Publikumsgesprächen.
- Buchvorstellung & Podiumsdiskussion: Präsentation eines Buchprojekts aus dem Kontext der Ausstellung, anschließend ein moderiertes Podiumsgespräch mit offenem Austausch.
Termine und weitere Informationen folgen in Kürze.
Die Fotograf:innen
Annette Hauschild
*1969 in Gießen
1991–1993 Ausbildung im Lette Verein, Fachrichtung Foto-Design, Berlin
Seit 1993 freischaffend als Fotografin tätig
1993 Gründung der Fotografengruppe und des Fotostudios Z21
Seit 1996 Mitglied bei OSTKREUZ – Agentur der Fotografen
2003–2004 Meisterklasse, Fotoschule am Schiffbauerdamm
Annette Hauschild geht 1989 mit 20 Jahren nach Berlin, an ihren „Sehnsuchtsort“. Sie interessiert sich für Tanz, Theater, Museen und entscheidet sich schließlich für eine Ausbildung als Fotografin im Lette Verein. Mit der Maueröffnung zieht es sie in den Ostteil der Stadt. Als freischaffende Fotografin lebt sie in einem besetzten Haus in Berlin-Mitte und fotografiert den Aufbruch der frühen 1990er-Jahre, den raschen Wandel der Stadt und unter anderem die Techno-Szene. Zusammen mit anderen Absolvent:innen der Schule gründet sie eine Fotografengruppe. Es folgen Aufträge für Berliner Szenemagazine und Zeitungen.
Im Jahr 1996 wird sie Mitglied der Agentur OSTKREUZ. Sie absolviert Arno Fischers Meisterklasse in der Fotoschule am Schiffbauerdamm. Für OSTKREUZ kuratiert sie Ausstellungen mit Arbeiten von Fotograf:innen der Agentur. Zu ihren aktuellen Arbeiten gehört die Ausstellung Träum Weiter – Berlin, die 90er, in der sie die Zeit des Umbruchs nach 1989/90 in Berlin als spannungsreiches Nebeneinander von Subkultur und Bauboom beleuchtet.
Christiane Eisler
*1958 in Berlin
1978–1983 Studium der Fotografie an der HGB in Leipzig
1983–1985 Zusatzstudium der Fotografie an der HGB in Leipzig
Seit 1983 freischaffend als Fotografin tätig
Ab 1985 Mitglied im Verband Bildender Künstler (VBK)
1990 Gründung der Fotoagentur transit in Leipzig
Seit 1990 zahlreiche Studienreisen ins Ausland
Christiane Eisler erstellt während ihres Fotografie-Studiums verschiedene Serien, in denen sie Jugendliche porträtiert. Sie fotografiert ab 1982 die Punk-Szene in Berlin und Leipzig. Als sie erfährt, dass Mädchen aus der Szene in ein Heim gebracht werden, geht Eisler dem nach. Sie erhält eine Fotoerlaubnis für den Jugendwerkhof in Crimmitschau. Während ihres Zusatzstudiums entsteht die Serie Jugendzimmer in einem Leipziger Neubaugebiet.
Im Jahr 1990 gründet Christiane Eisler zusammen mit befreundeten Fotograf:innen und Journalist:innen aus Bielefeld die Fotoagentur transit. Sie übernehmen Aufträge für Zeitschriften und Zeitungen. Die Auftragslage ist gut: Politik und Alltag in den ostdeutschen Bundesländern sind gefragte Themen in den überregionalen Printmedien. Dem schnelllebigen Arbeiten im Journalismus setzt sie immer wieder eigene Projekte entgegen. Zusammen mit der Fotografin Silke Geister erarbeitet sie die umfangreiche Ausstellung Luxus Arbeit zu Arbeiterinnen in Industrieunternehmen rund um Leipzig, die an mehr als 20 Orten – vorwiegend in Westdeutschland – gezeigt wird.
Merit Schambach
geb. Pietzker, *1971 in Berlin
1988–1991 Ausbildung zur Schriftsetzerin
1990–1996 Fernstudium der Fotografie an der HGB in Leipzig
Ab 1993 freischaffend als Fotografin tätig
2002 Gründung der Firma SenfSalon
Merit Schambach (geb. Pietzker) beginnt bereits als Jugendliche mit dem Fotografieren. Ein Praktikum führt sie Mitte der 1980er-Jahre zur Zeitschrift Freie Welt, wo sie den Fotografen Detlev Steinberg kennenlernt, der ihr Mentor wird. Schnell wird sie Teil der Berliner Fotografenszene und lernt unter anderem Arno Fischer kennen. Beide inspirieren sie dazu, Jugendliche ihres Alters zu fotografieren. Mit 16 Jahren beginnt sie mit der Serie Jugend in Ost-Berlin. Sie interessiert sich für unterschiedliche Jugendkulturen und fotografiert Jugendliche in ihrem privaten Wohnumfeld sowie die Bewohner:innen von besetzten Häusern.
In Berlin-Friedrichshain beginnt Merit Schambach im April 1990 ihre Arbeit an der Serie Hausbesetzer in Berlin und nimmt parallel dazu das Fotografie-Studium in Leipzig auf, das aufgrund der Wendezeit um ein Jahr verlängert wird. Einige ihrer Fotos von jungen Punks kann sie 1989 an die Junge Welt und die Gesellschaft für Fotografie verkaufen. Sie erhält zudem ein Arbeitsstipendium. Nach 1989/90 arbeitet sie bildjournalistisch weiterhin für Zeitungen und Zeitschriften. Kulturförderprojekte unterstützen ihre künstlerische Arbeit.
Im Jahr 2002 beendet sie ihre Tätigkeit als Fotografin und gründet ein Unternehmen für Senf-Spezialitäten.
Ute Mahler
*1949 in Berka bei Sondershausen
1968–1969 Volontariat bei der DEWAG (Deutsche Werbe- und Anzeigengesellschaft) in Berlin
1969–1974 Studium der Fotografie an der HGB in Leipzig
Seit 1974 freischaffend als Fotografin tätig
Ab 1981 Mitglied im Verband Bildender Künstler (VBK)
1990 Mit-Gründerin OSTKREUZ – Agentur der Fotografen
Ab 1990 Aufträge für nationale und internationale Zeitschriften
Seit 2005 Dozentin an der Ostkreuzschule für Fotografie in Berlin
2000–2015 Professur für Fotografie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Ute Mahler konzentriert sich nach ihrem Studium auf die Porträt- und Modefotografie und arbeitet als freischaffende Fotografin unter anderem für die Sibylle. Zeitschrift für Mode und Kultur, bis diese 1995 eingestellt wird.
Nach 1990 ist Ute Mahler vorwiegend bildjournalistisch für verschiedene Zeitschriften tätig. Mit der Gründung der Agentur OSTKREUZ zusammen mit sechs weiteren Fotograf:innen gelingt es, wichtige Bildredaktionen auf sich aufmerksam zu machen. Die Nachfrage der deutschen und internationalen Medienhäuser ist hoch. Ute Mahler reist für ihre Bildserien durch die gesamte Republik. Zeit für freie Arbeiten findet sie in den ersten Jahren nach dem Umbruch kaum. 1992 lernt sie die Suppenküche Franziskanerkloster Pankow kennen. Die Themen Armut und Obdachlosigkeit setzt sie in einer folgenden Langzeit-Serie über das Berliner Obdachlosen-Theater Ratten 07 ins Bild. Es ist ihre erste freie Arbeit nach der Wende.
Ludwig Rauch
*1960 in Leipzig
1980–1985 Studium der Bildjournalistik an der Karl-Marx-Universität Leipzig
1985 tätig für den Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienst (ADN) / Zentralbild
1986 Publikationsverbot für alle journalistischen Medien der DDR
Seit 1986 freischaffend tätig
1986–1989 Studium der Fotografie an der HGB in Leipzig
Januar 1989 Übersiedlung nach West-Berlin
1991 Mit-Gründer der Zeitschrift neue bildende kunst
1992–2004 Künstlerduo Kubiak & Rauch
Seit 2009 Dozent an der Ostkreuzschule für Fotografie in Berlin
Seit 2019 Meisterklasse Ludwig Rauch
Ludwig Rauch stößt mit seinen unverstellten und schonungslosen Fotografien der Brigade „Karl Marx“ auf Widerstände. Sie werden nicht gedruckt, und er erhält ein Veröffentlichungsverbot für alle journalistischen Medien in der DDR. Er beginnt für westdeutsche Zeitschriften zu fotografieren und verdient seinen Lebensunterhalt mit Fotoarbeiten für Künstler:innen und Kataloge. Ab 1986 studiert Ludwig Rauch Fotografie an der HGB in Leipzig. Im Januar 1989 verlässt er die DDR. 1991 wird er zum Mit-Gründer der Kunstzeitschrift neue bildende kunst, die bis 1999 existiert.
Die Zunahme der gewaltbereiten rechten Szene führt ihn 1990 nach Ost-Berlin zurück. Über Jahre fotografiert er die rechtsradikale Szene, zunächst in Berlin, dann deutschlandweit.
Barbara Wolff
*1951 in Kyritz
1969 Fotografenlehre im väterlichen Betrieb
1970–1975 Studium der Fotografie an der HGB in Leipzig
Seit 1975 freischaffend tätig als Fotografin, Grafikerin und Illustratorin
1985 Übersiedlung in die BRD
Seitdem zahlreiche Auslandsreisen
Seit 1990 freiberuflich tätig für die Linhof Kamerawerke in München
1998–2011 Dozentin für visuelle Kommunikation und Fotografie an der Designschule München
Barbara Wolff erlernt das fotografische Handwerk bei ihrem Vater. Bereits während ihrer Schulzeit erstellt sie Pressebilder für die Lokalzeitung. Im Studium an der Kunsthochschule in Leipzig (HGB) spezialisiert sie sich auf Fotografik. Freiberuflich gestaltet sie Bücher und arbeitet illustrativ mit Mitteln der Fotomontage für Zeitschriften.
1982 zieht sie nach Sechzehneichen, einem Dorf, in dem weniger als 20 Familien leben. Die Neuankömmlinge werden schnell ins Dorf integriert. Beruflich arbeitet sie für verschiedene Museen der Umgebung, erstellt Stadtporträts und Radierungen.
Nachdem mehrere Reiseanträge nicht genehmigt wurden, stellt sie mit ihrem Freund und späteren Mann im Januar 1985 einen Ausreiseantrag. Wenige Monate später kann sie ausreisen und geht nach München. Sie lernt den Fotografen Stefan Moses kennen, für den sie auch arbeitet. Im Jahr 1990 beginnt sie freiberuflich für das Kameraunternehmen Linhof zu arbeiten. Erst nach dem Umzug nach Berlin 2011 widmet sich Barbara Wolff wieder intensiv freien Projekten.
Christian Fenger
*1948, Frankfurt (Oder), gest. 2002, Bad Saarow
Bis 1970 Facharbeiter in Unterwellenborn (Thüringen) mit Spezialisierung auf Stahlformung
Ab 1970 Facharbeiter für Stahlformung im VEB Walzwerk Finow
Ab 1970 Mitglied im Fotozirkel der Stadt Eberswalde
1981 Meister im VEB Walzwerk Finow
1987–1991 Betreuer für „ausländische Werktätige“ aus Mosambik im Walzwerk
Ab 1992 arbeitslos
2002 in Bad Saarow verstorben
Christian Fenger lebt ab 1970 in Eberswalde. Der gelernte Metallurge arbeitet im Eberswalder Walzwerk. Er ist Mitglied im städtischen Fotozirkel des Kulturbundes. Neben seiner Tätigkeit im Stahlwerk geht er als Werksfotograf seiner Fotoleidenschaft nach. Viele seiner Bilder werden in der Werkszeitung veröffentlicht.
Ab 1987 ist Fenger Betreuer der etwa 90 mosambikanischen Arbeiter im Walzwerk. Als passionierter Amateurfotograf entstehen in dieser Funktion etwa 200 Bilder. Er fotografiert die Mosambikaner in ihrer Unterkunft und bei Freizeitveranstaltungen. In ihrem Wohnheim richtet er ein Fotolabor ein.
Ab Ende 1989 dokumentiert Christian Fenger die erzwungene Ausreise der Migranten. Er begleitet die Männer bis zum Flughafen. Er selbst verliert 1992 wie viele Stahlwerker:innen seinen Job und findet keine neue Arbeit mehr.
Der Dokumentarfilmer Thomas Balzer übernimmt den Fotobestand und übergibt ihn dem Dokumentationszentrum für Migration in Deutschland (DOMiD) in Köln.
Tina Bara
*1962 in Kleinmachnow
1980–1986 Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin
1986–1989 Fernstudium der Fotografie an der HGB in Leipzig
Ab 1986 Mitglied im Verband Bildender Künstler (VBK)
Seit 1986 freischaffend als Fotografin tätig
Juli 1989 Übersiedlung nach West-Berlin
1990–1994 Mitarbeit in der Künstlergruppe EIDOS
Seit 1993 Professorin für künstlerische Fotografie an der HGB in Leipzig
Seit 2000 projektbezogene Zusammenarbeit mit Alba D’Urbano
Ausstellungen, Buchveröffentlichungen, Lehrprojekte im In- und Ausland
Tina Bara beginnt 1983 als Autodidaktin zu fotografieren. Sie macht Bilder von Bekannten und Freund:innen, unter ihnen viele Künstler:innen. Spielerisch inszeniert sie deren Aufbegehren gegen die politische Enge. Sie lebt in Berlin, ist aktiv in oppositionellen Gruppen, unter anderem bei den Frauen für den Frieden. In Folge einer ersten Veröffentlichung in der Künstlerzeitschrift ENTWERTER/ODER kann sie 1985 erstmals ausstellen und kurz darauf ein Fernstudium der Fotografie beginnen.
Parallel arbeitet sie freiberuflich für das DEFA-Studio für Dokumentarfilme, unter anderem für den Film flüstern & SCHREIEN (1988). Im Sommer 1989 verlässt sie die DDR. In den 1990er-Jahren arbeitet sie kurzzeitig auch bildjournalistisch für verschiedene alternative Zeitschriften und Verlage, bevor sie diese Versuche bald abbricht. Ihre freie Arbeit kann sie, unterstützt durch Stipendien und Aufträge der sozialen Künstlerförderung des Berliner Senats, fortsetzen. Im Jahr 1993 wird sie Professorin an der HGB in Leipzig und lehrt bis heute im Fach künstlerische Fotografie.
Anselm Graubner
*1968 in Wismar
1981 Übersiedlung in die BRD
1989–1992 Studium Fotojournalismus an der Fachhochschule Dortmund
Seit 1989 im Verein ACC Weimar aktiv
1989–1990 vier Monate Arbeit für die Tageszeitung Thüringische Landeszeitung in Weimar
1991–1992 drei Monate Arbeit für die Tageszeitung Kamtschatskaja Prawda
Seit 1992 in der Kultur- und Tourismuswirtschaft in Weimar tätig
Anselm Graubner verlässt 1981 als 13-Jähriger mit seiner Familie die DDR. Im Oktober 1989 beginnt er in Dortmund Fotojournalismus zu studieren. Nur wenige Wochen nach Studienbeginn fällt die Mauer, und er zieht nach Weimar. Dort erlebt er die Wende bei Freunden aus der studentischen Kunst- und „Haussanierer“-Szene und arbeitet als Fotograf bei der Thüringischen Landeszeitung. In der Zeit des Umbruchs öffnen sich Türen, die zuvor verschlossen waren und sich auch recht schnell wieder schließen. Anselm Graubner nutzt wie viele andere die neuen Möglichkeiten. Er kann im größten Unternehmen der Stadt, im Weimar-Werk, fotografieren. Nach mehreren rassistischen Vorfällen im Winter 1990 hält er die Arbeits- und Lebensbedingungen der im Unternehmen beschäftigten Migrant:innen fest.
Im September 1991 reist Anselm Graubner nach Russland. Auf der Halbinsel Kamtschatka arbeitet er drei Monate für die dortige Lokalzeitung. Es entstehen Aufnahmen von Landschaft und Kultur.
Peter Oehlmann
*1953 in Altenburg
1971–1972 Studium der Physik an der Technischen Universität Dresden
1972–1974 Berufsausbildung zum Fotografen bei ORWO in Wolfen
1974–1976 Fotograf für Lehre und Forschung im Gesundheitswesen
1977–1982 Studium der Fotografie an der HGB in Leipzig
1981–1983 Mitglied der Künstlergruppe 37,2
Ab 1982 Mitglied im Verband Bildender Künstler (VBK)
Ab 1982 freischaffend in Leipzig, seit 1989 in Ost-Berlin
1993 Mitbegründer der Fotografengemeinschaft ZeitOrt
Verschiedene Lehraufträge
Lebt als freier Fotograf und Dozent in Berlin
Peter Oehlmann interessiert sich, angeregt durch sein Studium an der HGB, in seinen freien künstlerischen Arbeiten für „Spuren gesellschaftlicher Transformation in der Landschaft“. Seinen Lebensunterhalt finanziert er mit Kunstreproduktionen und Aufträgen für denkmalpflegerische Dokumentationen.
Nach 1990 wächst die Notwendigkeit, mit der Fotografie Geld zu verdienen. Er wechselt in den Bildjournalismus, was für ihn eine völlige Umorientierung bedeutet. Die Redaktionen bestellen bei ihm zunächst Bilder der Aufbruchsstimmung im Land, später von Protesten gegen die Abwicklung von Betrieben in Industrie und Landwirtschaft. Peter Oehlmann missfällt es zunehmend, eingängige illustrative Bilder anzufertigen. Er sucht daraufhin andere Verdienstmöglichkeiten. Mit Kollegen gründet er die Arbeitsgemeinschaft ZeitOrt. Es entstehen unter anderem Dokumentationen von Architektur und Städtebau in Berlin. Freie Arbeiten muss er für lange Zeit zurückstellen.
Jürgen Matschie
*1953 in Bautzen
1967–1971 Berufsausbildung zum Werkzeugmacher
1974–1977 Studium Maschinenbau an der Ingenieurschule in Bautzen
Ab 1977 Mitglied der Fotogruppe 63 in Görlitz
1979–1987 Kulturarbeit im Haus für sorbische Volkskunst in Bautzen
1983–1986 Fernstudium der Fotografie an der HGB in Leipzig
Ab 1986 Mitglied im Verband Bildender Künstler (VBK)
Ab 1988 freischaffend in Bautzen tätig
1991–1997 Gründungsmitglied Sorbischer Künstlerbund e.V.
Seit 2004 Arbeit mit Nachlässen von Lausitzer Fotograf:innen
2008 Mitbegründer der ASA-Gruppe Fotografie
Jürgen Matschie führt sein Interesse an der Kultur und Landschaft seiner Heimatregion Lausitz zur professionellen Fotografie. Den zunächst erlernten technischen Beruf hängt er an den Nagel und wechselt in die sorbische Kulturarbeit. Er organisiert Foto-Ausstellungen und initiiert künstlerische Projekte, unter anderem zum Braunkohletagebau. Daraus erwächst ein eigenes Langzeitprojekt über die Arbeit im Bergbau sowie über Dimensionen und Strukturen der vom Tagebau geprägten Landschaften. Besonders interessiert ihn das Leben mit und von der Kohle. In seiner Diplomarbeit beschäftigt er sich mit dem Alltag eines Dorfes, das der Kohleförderung weichen soll. Fortan entstehen immer wieder Serien zum Verschwinden von Ortschaften und Landstrichen.
Nach 1989/90 arbeitet Jürgen Matschie freiberuflich und übernimmt Aufträge von Museen, Verlagen und Architekturbüros. In seinen freien Arbeiten bleibt die Lausitz bestimmendes Thema.
Joachim Richau
*1952 in Berlin
Seit 1979 Beschäftigung mit Fotografie
Seit 1983 freischaffend als Fotograf tätig
1984 Beginn der künstlerischen Arbeit
Ab 1987 Mitglied im Verband Bildender Künstler (VBK)
Seit 1989 regelmäßige Arbeitsaufenthalte in Skandinavien
1994–2002 Künstlerische Lehrtätigkeit an der Kurt-Schwitters-Schule in Berlin
1998–2001 Projekte als Ausstellungskurator für internationale Foto- und Videokunst
Joachim Richau beginnt nach einigen beruflichen Wendungen als Autodidakt, sich intensiv mit der Fotografie zu beschäftigen. Schon bald rücken trotz nötiger Auftragsarbeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts langfristig angelegte künstlerisch-fotografische Projekte in den Mittelpunkt seines Schaffens, die auch stets als Bücher konzipiert werden.
So entsteht als seine erste größere Arbeit der Zyklus Bilder aus Beerfelde 1984–87, mit dem er sich 1987 auch für den DDR-Künstlerverband bewirbt. Es folgen weitere Zyklen wie Berliner Traum, Land ohne Übergang – Deutschlands neue Grenze und finales („Abzug der Roten Armee“). Ab etwa 1995 befasst er sich für viele Jahre mit dem biografisch intendierten sechsteiligen Werkkomplex STAMMBUCH, in dem er auch seine Erfahrungen in der Vor- und Nachwendezeit reflektiert. Seit 2005 verlagert sich sein Arbeitsschwerpunkt auf eine mehr und mehr minimalistisch-abstrakte Landschaftsfotografie, die er ausschließlich in Skandinavien realisiert. Im Jahr 2025 übergibt Joachim Richau seinen Vorlass an die Deutsche Fotothek Dresden.
Ausstellung am ZZF begleitend zu „Das Weite suchen“
„Weiter geht’s nicht. Das Ende der Sowjetunion auf Kamtschatka 1991/92.
Fotografien von Anselm Graubner“
Anselm Graubner erzählte den Kuratorinnen der Ausstellung „Das Weite suchen“ von einem Aufenthalt auf der Halbinsel Kamtschatka. Dort hatte er 1991 als Fotokorrespondent für die Zeitung Kamschatskaja Prawda gearbeitet. Die Fotografien der Arbeits- und Lebensbedingungen dieses Ortes, der mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion seine militärische Bedeutung verloren hatte, sind bislang nicht veröffentlicht worden.
Die Osteuropahistorikerin Corinna Kuhr-Korolev (ZZF) hat zusammen mit dem Fotografen eine Ausstellung erarbeitet. Die Bilder, die von Öffnung und Aufbruch, aber auch von Perspektivlosigkeit und Niedergang zeugen, sind parallel zur Ausstellung „Das Weite suchen“ in den Räumen des ZZF zu sehen.
Eine Publikation ist in Arbeit.
- Ort: Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF), Am Neuen Markt 9d, Potsdam
- Öffnungszeiten: Montag–Donnerstag 10–17 Uhr, Freitag 10–15 Uhr
- Eröffnung am 27. November 17.00-18.00 Uhr
Förderung und Partner
„Das Weite suchen“ ist eine Ausstellung vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF), entstanden in Kooperation mit dem Brandenburg Museum für Zukunft, Gegenwart und Geschichte und gefördert durch die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Mittelbrandenburgischen Sparkasse.
Kuratorinnen:
Dr. Isabel Enzenbach und Dr. Anja Tack bringen ihre langjährige Expertise im Bereich ostdeutscher Fotografie und Erinnerungskultur in die Ausstellung ein. Beide forschen am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) zur visuellen Geschichte der Transformation und haben zahlreiche Ausstellungen konzipiert.