Ausstellung „Signale der Macht. Nauen, Kamina, Windhoek“

Eröffnung: 15. Mai 2025
Ausstellungslaufzeit: 16. Mai – 02. November 2025
Im brandenburgischen Nauen steht die weltweit älteste noch aktive Großfunkstation. Mit den weiteren Funkstationen in Kamina (Togo) und Windhoek (Namibia) bildete dieses Dreieck 1914 das Vorzeigeprojekt des Deutschen Reiches für den Ausbau seines kolonialen, imperialen Machtanspruchs. Mit der Spitzentechnologie eines globalen Telekommunikationsnetzes sollte die koloniale Herrschaft gesichert und das Deutsche Reich als „global player“ wahrgenommen werden.
Die Ausstellung beleuchtet erstmals die vielschichtige Geschichte aus drei erinnerungskulturellen Perspektiven. Mit drei für diese Ausstellung konzipierten künstlerischen Installationen von
Tuli Mekondjo (Namibia),
Madjé Ayité (Togo) sowie von
Frederike Moormann und Angelika Waniek (Deutschland)
werden neue Räume für die individuelle Auseinandersetzung mit dem Thema eröffnet.
Mit drei Erzählfilmen und einer Archivwand ordnen teils noch nie veröffentlichte Archivmaterialien die historische Dimension ein.
Signale der Macht aus kolonialen Kommunikationsnetzen wirken bis heute nach. Diese Geschichten zu untersuchen fordert auch auf, digitale Infrastrukturen, Medienbesitz und Informationssouveränität in Bezug auf heutige Machtdynamiken mit anderen Augen zu sehen, um zu erkennen, wie sie unser kollektives Gedächtnis prägen.
Tickets & Öffnungszeiten
Tickets
Flexibler Eintritt zwischen 0 und 10 Euro.
Öffnungszeiten
Dienstag und Mittwoch 11 bis 18 Uhr
Donnerstag 11 bis 20 Uhr
Freitag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr
Feiertag 11 bis 18 Uhr
Montag geschlossen
Letzter Einlass 30 Minuten vor der Schließzeit.

Veranstaltungsprogramm & Begleitformate
Die Ausstellung „Signale der Macht. Nauen, Kamina, Windhoek“ wird von einem vielseitigen Begleitprogramm ergänzt. Ein besonderes Highlight ist eine exklusive Veranstaltung in der Großfunkstation Nauen, die historische und künstlerische Perspektiven an diesem einzigartigen Ort verbindet.
Darüber hinaus laden Führungen, Künstlergespräche und Diskussionsrunden dazu ein, tief in die Thematik der Ausstellung einzutauchen.
Internationale Wissenschaftler:innen und Kulturschaffende aus Togo, Namibia und Deutschland reflektieren die koloniale Vergangenheit der Funkstationen und deren Auswirkungen bis heute.
Eröffnung der Ausstellung „Signale der Macht“ – Stimmen aus Togo, Namibia und Brandenburg
Transcultural Listening Map – Weltweit hören, lokal erinnern
Wie hört die Welt? Und was erzählt das Hören über Macht, Geschichte und Verbindung?
Die Transcultural Listening Map ist eine digitale Plattform, die globale Hörpraktiken und Radiogeschichten sichtbar macht. Entwickelt vom Experimentellen Radio der Bauhaus-Universität Weimar unter der Leitung von Nathalie Singer, versammelt sie Beiträge aus verschiedenen Kontinenten und Kulturen.
Im Rahmen der Ausstellung Signale der Macht wird die Plattform als ergänzendes Angebot gezeigt.
Das Material wurde unter anderem im Rahmen des zweijährigen Dachprojekts „Listening to the World – 100 Jahre Radio“ gewonnen, das vom Experimentellen Radio anlässlich von 100 Jahren Radio(kunst) gemeinsam mit dem Goethe-Institut initiiert und mit Deutschlandfunk Kultur und dem Haus der Kulturen der Welt (HKW) zwischen 2022 und 2024 umgesetzt wurde. Finanziert mit Mitteln des Kreativfonds der Bauhaus-Universität Weimar und entwickelt von neoanalog.
Künstlerische Perspektiven

Tuli Mekondjo (Namibia)
Tuli Mekondjo, geboren 1982, ist eine namibische Künstlerin, die sich mittels Mixed-Media-Arbeiten mit kolonialen Traumata befasst. Ihre Arbeiten kombinieren Archivfotografien, Videos, Stickerei und Malerei. Sie war DAAD-Stipendiatin (2022–23) und erhielt den Norval Sovereign African Art Prize 2023. In Signale der Macht inszeniert sie performative Rituale an historischen Telegrafenstandorten. Sie lebt in Windhoek.

Madjè Ayité (Togo)
Madjé Ayité, togolesischer Filmemacher, produziert Dokumentarfilme über koloniale Erinnerung. Ausgebildet wurde Ayité in digitaler Kinematografie am französischen Institut national de l’audiovisuel (INA), das französische Rundfunk- und Fernsehproduktionen verwaltet und öffentlich zugänglich macht.

Angelika Waniek (Deutschland)
Angelika Waniek erforscht koloniale Telekommunikationsgeschichte durch Performance und Audioinstallationen. Wanieks arbeiten entstehen mit einer internationalen Gruppe von Künstler:innen, seit 2019 arbeitet sie mit Tuli Mekondjo und Frederike Moormann an Projekten zur deutschen Telegrafeninfrastruktur in Namibia. Sie lebt in Leipzig und lehrt dort an der Hochschule für Grafik und Buchkunst.

Frederike Moormann (Deutschland)
Frederike Moormann ist Klang- und Radiokünstlerin mit Fokus auf Kolonialgeschichte und Audiotechnologie. Moormann widmet sich in ihrer Arbeit der Materialität und körperlichen Erfahrung von Audiotechnologien. Sie untersucht die Rolle von Medientechnologien in kolonialen und postkolonialen Kontexten mittels innovativer Klangkunstprojekte. Moormann ist künstlerische Mitarbeiterin am Experimentellen Radio der Bauhaus-Universität Weimar.
Nauen, Kamina und Windhoek
Die Großfunkstelle Nauen, 1906 erbaut, ist die älteste noch aktive Funkstation der Welt. Von Brandenburg aus sendet Nauen bis heute global Radio- und Funksignale. 1911 ging von dort erstmals eine Testsendung nach Togo, ab 1914 wurde eine permanente Funkverbindung über Togo bis Namibia etabliert.
Die Station in Nauen war bereits seit der Zeit vor Errichtung des spektakulären Muthesius-Baus 1920 durchgehend im Betrieb und wird heute privatwirtschaftlich betrieben.
Hingegen stehen in Kamina (Togo) nur noch einzelne Bauten und Ruinen, die jedoch als regionale Sehenswürdigkeit gelten. In Windhoek (Namibia) finden sich lediglich einige heute vergessene Relikte der Sendestation. Beide Stationen wurden nach nur wenigen Monaten Betriebszeit von den deutschen Soldaten im Ersten Weltkrieg vor dem Abzug zerstört.
Das Projektteam
Prof. Dr. Dieter Daniels (Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig)
Dieter Daniels, Kunsthistoriker und Medientheoretiker, lehrt seit 1993 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Er erforscht Medienkunst und Funktechnologien in kolonialen Kontexten und ist Co-Kurator von „Signale der Macht. Nauen, Kamina, Windhoek“.

Dr. Katalin Krasznahorkai (Brandenburg Museum für Zukunft, Gegenwart und Geschichte)
Dr. Katalin Krasznahorkai is an art historian and curator. She has curated numerous exhibitions and events and, since 2022, has directed the program at the Brandenburg Museum for Future, Present, and History. Her research focuses on the complex intersections of art and politics.
Krasznahorkai is a leading expert in the Council of Europe’s project on artistic freedom in Europe and co-curator of Signals of Power.

Dr. Mèhèza Kalibani (Kurator für koloniale Vergangenheit und postkoloniale Gegenwart Stiftung Historische Museen Hamburg)
Dr. Mèhèza Kalibani ist Kurator für koloniale Vergangenheit und die postkoloniale Gegenwart bei der Stiftung Historische Museen Hamburg. Er forscht zu Postkolonialismus, Dekolonialität und kolonialen Archiven und befasst sich insbesondere mit dem Zusammenhang von Tonarchiven und ihrer Rolle bei der Reproduktion kolonialer Erzählungen. Das Projekt „Signale der Macht. Nauen, Kamina, Windhoek“ hat er als wissenschaftlicher Beirat begleitet.

Dr. Patrice Kodzo Abotsi (Universität Lomè)
Dr. Patrice Kodzo Abotsi hat an der Université de Lomé in Togo German Studies und Erziehungswissenschaften studiert. Er ist Mitglied der Forschungsgruppe LIGA (Lettres, Littératures et Identités Germano-Africaines) und forscht u.a. zum antikolonialen Widerstand in Togo. Er hat an mehreren Austauschprogrammen in Deutschland an den Universitäten Bremen, Bayreuth und Tübingen teilgenommen. Seit März 2025 arbeitet er im togoischen Ministerium für Tourismus als Übersetzer und Berater für die Aufwertung historischer Stätten in Togo.

Historischer Hintergrund
Die Ausstellung „Signale der Macht. Nauen, Kamina, Windhoek“ beleuchtet eine weitgehend unbekannte, aber hochrelevante Facette der brandenburgischen Geschichte: die Rolle der Telekommunikation als koloniales Machtinstrument.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die drahtlose Telegrafie als Spitzentechnologie, die es erstmals ermöglichte, große Entfernungen ohne anfällige Tiefseekabel zu überbrücken. Dies hatte enorme strategische Bedeutung – insbesondere für das Deutsche Reich, das durch seine Kolonien in Afrika globale Kommunikationswege benötigte. Die Großfunkstation Nauen (Brandenburg) wurde 1906 errichtet, um eine direkte Verbindung zu den deutschen Kolonien, vorwiegend nach Kamina (Togo) und Windhoek (Namibia), herzustellen.
Doch die Funktechnik diente nicht nur dem Informationsaustausch – sie wurde gezielt zur militärischen Kontrolle und Unterdrückung der kolonisierten Bevölkerung genutzt. Bereits 1904 spielte mobile Funktechnologie eine Rolle im Völkermord an den Herero und Nama in Namibia. Später wurde mit dem Ausbau der Stationen in Togo und Namibia eine noch direktere Kommunikationsinfrastruktur geschaffen, die koloniale Verwaltung und militärische Befehlsführung effizienter machte.
Diese Funkstationen hatten allerdings nur eine kurze Betriebsdauer: Mit Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 sprengten deutsche Truppen die Stationen in Kamina und Windhoek selbst, um sie nicht in die Hände der Alliierten fallen zu lassen. Die einzige verbleibende Station war Nauen, die nach dem Krieg weiter ausgebaut wurde und sich als eines der weltweit bedeutendsten Zentren für Funkkommunikation etablierte – auch während der NS-Zeit, der DDR und bis heute.
Die Ausstellung zeigt auf, wie sich koloniale Kommunikationsstrukturen bis in die Gegenwart fortsetzen. Ökonomische Abhängigkeiten, globale Medieninfrastrukturen und digitale Netzwerke wie Tiefseekabel oder Satellitenkommunikation stehen in direkter Linie zu den historischen Technologien. So legt beispielsweise das Unternehmen Google mit dem Tiefseekabel „Equiano“ in Lomé (Togo) einen der zentralen Netzknoten für ganz Afrika – und gibt dem Projekt ausgerechnet den Namen eines ehemaligen Sklaven und Widerstandskämpfers.
Durch diese Perspektive wird deutlich: Die Geschichte der Telekommunikation ist auch eine Geschichte der Macht, Kontrolle und Abhängigkeit. „Signale der Macht“ verbindet daher Vergangenheit und Gegenwart und hinterfragt kritisch, wie Infrastruktur, Technologie und Erinnerungspolitik miteinander verflochten sind.
Begleitheft zu "Signale der Macht"
Wir danken unseren Leihgeber:innen
Matthias Quolke | MEDIA BROADCAST GmbH (Großfunkstelle Nauen)
Dr. Gerhard Rammer, Andreas Burghard, Elisabeth Schares, Marcel Ruhl, Nicole Altenburg, Uwe Förster | Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin
Eintritt
Freiwilliger Eintritt zwischen 0 und 10 Euro.
